Ukraine

Kiew heute und während des Umsturzes

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Blumen, Kreuze und Kerzen erinnern in Kiew noch immer an die Maidan-Revolution, bei der über 100 Demonstranten und mindestens 13 Polizisten starben. Das Gewerkschaftshaus mahnt wohl am deutlichsten an die Proteste. Es brannte im Februar aus, zwei Menschen kamen in den Flammen ums Leben. Ein riesiges Banner mit der Aufschrift „Ruhmreiche Ukraine“ verhüllt nun die Ruine.

Gegenüber, auf dem Unabhängigkeitsplatz, unter der 61 Meter hohen Marmorsäule, demonstrierten vor einem Jahr tausende Studenten für Europa. Als Präsident Viktor Janukowitsch das Assoziierungsabkommen mit der EU platzen ließ, rief der Journalist Mustafa Najem zu Massenprotesten auf. Vermutlich wäre der Euromaidan eingeschlafen, hätte die Polizei nicht Ende November Jugendliche, die auf dem Platz ausharrten, brutal auseinandergeknüppelt.



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Hunderttausende gingen Ende November 2014 auf die Straße. Hinter Barrikaden aus Holzpaletten und Autoreifen bauten Aktivisten später am Maidan ein Zeltlager auf. Freiwillige schmierten Brote, Feuertonnen spendeten Wärme und Popsängerin Ruslana sprach den Demonstranten von der Bühne Mut zu.

Auf der Gruschewski-Straße hinter dem Europaplatz eskalierten im Januar die Proteste. Militante schleuderten Molotowcocktails auf die Polizei, die feuerte mit Blendgranaten zurück. Heute erinnert nichts mehr an die Straßenschlacht. Auch die rußgeschwärzten Säulen des Dynamo-Stadions wurden längst mit weißer Farbe übertüncht.

Auf der Institutska-Straße nahe dem Hotel Ukraina flackern Grableuchten vor den Fotos toter Demonstranten. „Himmlische Hundertschaft“ werden die 104 Aktivisten genannt, die bei den Todesschüssen am Maidan ums Leben kamen.


Die Zeltstadt ist verschwunden

Heute ist die Zeltstadt am Unabhängigkeitsplatz längst verschwunden. Im August ließ der neugewählte Bürgermeister Vitali Klitschko alle Zelte abreißen. Kriminelle hätten sich dort herumgetrieben, lautete die offizielle Begründung. Tatsächlich hätten die Zelte einer Militärparade zum Unabhängigkeitstag weichen müssen, vermuten viele Kiewer. „Klitschko wollte zeigen, dass er alles unter Kontrolle hat“, sagt die Aktivistin Angelina Gusar. Die Studentin wünscht sich, die Stadt würde die Erinnerungen an den Umbruch besser pflegen.

Auf dem Maidan ist jetzt jedes Wochenende Gitarrenmusik zu hören. Bürger versammeln sich an der Marmorsäule, singen Partisanenlieder und diskutieren über die Zukunft des Landes. „So wollen wir die Idee des Maidan bewahren“, sagt Aktivistin Gusar.


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