Putin schickt Rächer in den Irak
Der Kreml-Chef hat russische Sondereinheiten beauftragt, die Mörder der vier russischen Diplomaten im Irak „ausfindig zu machen und zu zerstören“.Moskau (n-ost) – Auf die Ermordung von vier russischen Diplomaten im Irak reagierte Kreml-Chef Putin ungewöhnlich scharf. Er gab Spezialtruppen den Befehl, die Mörder dort „ausfindig zu machen und zu zerstören“. Mit der Erklärung – nur zwei Wochen vor dem G 8-Gipfel in St. Petersburg, macht Putin klar, dass Russland eine Großmacht ist, die ihre Bürger und ihre Interessen wie die USA weltweit verteidigt.
Der Tod der vier russischen Botschaftsangehörigen war am Montag vom russischen Außenministerium bestätigt worden. Unter den Geiseln befand sich der dritte Sekretär der russischen Botschaft in Bagdad, Fjodr Sajzew, sowie drei weitere Mitarbeiter der Auslandsvertretung. Dem Kreml gelang es während der dreiwöchigen Geiselnahme nicht, Kontakt zu den Geiselnehmern herzustellen, obwohl – wie die „Komsomolsksja Prawda“ berichtete – Vertreter der irakischen Regierung, der Hamas und sogar der Präsident des Iran als Vermittler eingeschaltet worden waren. Warum alle Kontaktversuche scheiterten, wurde bisher nicht mitgeteilt.Russisches Gesetz erlaubt AuslandseinsatzWelche Spezialtruppen Putin in den Irak schickt, wurde nicht mitgeteilt. Gewöhnlich ist für solche Aufgaben die russische Militärabwehr (GRU) zuständig. Drei GRU-Agenten sprengten im Februar 2004 in Doha, der Hauptstadt des Emirats Katar, den ehemaligen tschetschenischen Präsidenten Selimchan Jandarbijew in seinem Jeep in die Luft. Das war im neuen Russland ein bisher einzigartiger Fall. Im März hatte die Duma ein Gesetz verabschiedet, nachdem Terroristen – nach einer Anweisung durch den Präsidenten - auch im Ausland verfolgt werden dürfen. Für Racheaktionen gibt es im internationalen Recht keine Grundlage. Doch aus der Sicht der russischen Sicherheitsexperten sind derartige Aktionen gerechtfertigt. Sergej Gontscharow, Leiter der Alfa-Veteranen, erklärte, „ein Land, welches nicht in der Lage ist, seine Bürger zu schützen, ist ein schwaches Land.“Zu Sowjetzeiten waren Anschläge auf Oppositionelle, die im Ausland lebten, keine Seltenheit. Die bekanntesten Fälle sind der ukrainische Nationalist Stepan Bandera (München 1959), Stalins Widersacher Lew Trotzki (Mexiko 1940) und der Präsident Afghanistans Chafisul Amin (Kabul 1979). Der russische Staatspräsident Wladimir Putin. Foto: Robert TeschnerDer Chef des russischen Inlandgeheimdienstes Nikolai Patruschew erklärte, „wir müssen so arbeiten, dass nicht ein Terrorist, der ein Verbrechen begeht, sich seiner Verantwortung entziehen kann.“ Russische Sicherheitsexperten gaben sich zuversichtlich über den Erfolg der von Putin angeordneten Liquidierung. Anatoli Zyganok, Leiter des Zentrums für militärische Prognosen, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax, das Agentennetz der Sowjetunion in den arabischen Ländern sei nach dem Zerfall der UdSSR erhalten geblieben, allerdings „teilweise konserviert“ worden. „Ich bin überzeugt, dass es unter den heutigen Bedingungen wieder aktiviert wird.“ Der ehemalige Oberkommandierende der russischen Luftwaffe, General Pjotr Dejnekin, erklärte, Russland verfüge über weltraumgestützte Geräte, mit denen die Terroristen nicht nur geortet, sondern auch zielgenau getötet werden könnten. Angesichts derartiger Erklärungen fragt man sich natürlich, warum es den russischen Sicherheitskräften während der dreiwöchigen Geiselnahme nicht gelang, zumindest den Aufenthaltsort der Geiseln festzustellen. Vorwürfe gegen die USADer Fall der vier Diplomaten offenbart, dass es zwischen Russland und den USA in Sicherheitsfragen Spannungen gibt. Sergej Gontscharow, Präsident der „Alfa“-Anti-Terror-Veteranenvereinigung, erklärte gegenüber „Radio Echo Moskwy“, die Streitkräfte der Koalition im Irak seien „nicht daran interessiert, unserem Geheimdienst zu helfen, weil das, was passierte, im Prinzip den Amerikanern nützt.“ Andere russische Sicherheitsexperten behaupten unumwunden, Auftraggeber der Entführer sei „die USA“, die ein Interesse daran habe, dass sich die traditionell guten Beziehungen zwischen Russland und dem Irak aber auch zum Iran verschlechtern. Die Geiselnehmer hatten sich über ein Video auf einer Website an die Öffentlichkeit gewandt. Angeblich trugen sie Jeans, was die russischen Experten misstrauisch machte. Ungewöhnlich fanden die russischen Sicherheitsexperten auch, dass die Geiselnehmer den Abzug der russischen Truppen aus Tschetschenien forderten. Bisher hätten sich irakische Gruppen nie für Tschetschenien interessiert. Wenn es sich bei den Geiselnehmern wirklich um eine real existierende Gruppe gehandelt habe, dann hätte diese wohl eher die Freilassung von Gesinnungsgenossen gefordert, meinte Michail Deljagin, Direktor des Moskauer Instituts für Globalisierung, gegenüber dem Massenblatt „Moskowski Komsomolez“. ENDE-------------------------------------------------------------------------
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