Truppenabzug aus Tschetschenien
Russland hält nach dem Tod von Rebellenchef Basajew die Sicherheitslage für stabil Moskau (n-ost) – In den nächsten beiden Jahren soll ein Großteil der russischen Truppen aus Tschetschenien abgezogen werden. Einen entsprechenden Ukas hat Präsident Wladimir Putin unterzeichnet. Als Grund nannte der Pressesprecher des russischen Innenministeriums, Wassili Pantschenko, die verbesserte Sicherheitslage. „Nach der Vernichtung von Schamil Basajew gibt es keine zum massiven Widerstand fähigen Banden in Tschetschenien mehr“, sagte er der Zeitung „Kommersant“. Mit den noch verstreuten Gruppen werde die tschetschenische Miliz alleine fertig. Unklar ist, wie viele russische Soldaten zurzeit in Tschetschenien stationiert sind. Die Behörden machen nur lückenhafte Angaben und in den Medien kursieren unterschiedliche Zahlen. Der „Kommersant“ schätzt die Truppen des russischen Verteidigungs- und Innenministeriums in Tschetschenien auf 75.000 Mann. In zwei Jahren sollen es nach dem Willen Putins nur noch 24.000 Soldaten sein. Die Zeitung „Wremja Nowostej“ titelte dagegen „Scheinabzug“. In Wirklichkeit seien in Tschetschenien bereits heute nur noch 25.000 Soldaten der föderalen Sicherheitsministerien stationiert.Laden für Militärbedarf in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny. Foto: Ulrich Heyden Der Ukas über den Truppenabzug wurde unmittelbar nach einem Treffen zwischen Wladimir Putin und Ramsan Kadyrow, dem Ministerpräsidenten Tschetscheniens, veröffentlicht. Damit demonstrierte der Kreml, dass er in Tschetschenien vor allem auf Kadyrow setzt. Dieser ist eigentlich nur der zweite Mann hinter dem tschetschenischen Präsidenten Alu Alchanow.Mit dem Ukas Putins geht die Macht nun an Kadyrow über. Ihm unterstehen 20.000 Polizisten und Soldanten des tschetschenischen Innenministeriums, die für die Sicherheit in der Kaukasusrepublik nun allein verantwortlich sein sollen. In Tschetschenien gab es in der letzten Zeit keine größeren Anschläge mehr. Die islamistischen Gruppen sind allerdings in den Nachbarrepubliken Inguschetien und Dagestan aktiv. Am Dienstag wurde der Staatsanwalt der dagestanischen Stadt Buinaksk mit einer Autobombe getötet. Der dagestanische Innenminister wurde verletzt, als sein Auto beschossen wurde. Am Donnerstag wurde auf den Staatsanwalt der inguschetischen Stadt Nasran ein Bombenanschlag verübt. Der Staatsanwalt überlebte, sein Bruder wurde getötet. Wovon die Separatisten träumten Ramsan Kadyrow, der im ersten Tschetschenienkrieg - 1994 bis 1996 – noch mit seinem Vater und seinem Bruder auf der Seite der Separatisten kämpfte, kann sich bald rühmen, dass er nun mit Wohlwollen des Kreml die Kaukasusrepublik unter tschetschenisches Kommando gebracht hat. Wenn Kadyrow auch noch die Kontrolle über die tschetschenische Ölgesellschaft „Grosneftegas“ bekommt – zur Zeit hält der russische Staatskonzern Rosneft noch 51 Prozent der Aktien – seien auch „die schärfsten Gegner des jungen tschetschenischen Politikers gezwungen, seine Führerschaft anzuerkennen“, schreibt der „Kommersant“. Im Oktober wird Kadyrow 30 Jahre alt. Damit erreicht er das Alter, in dem er zum Präsident gewählt kann. Man geht davon aus, dass das tschetschenische Parlament den starken Mann der Republik im Herbst zum Präsidenten wählt. Dass der Kreml dem jungen Politiker soviel Macht überträgt, scheint auf den ersten Blick riskant. Doch auch Kadyrow ist auf den Schutz von Moskau angewiesen. Er hat keine weiße Weste. Wie Menschenrechtler berichteten gehen auf sein Konto Entführungen und sogar Morde. Da in Tschetschenien das Gesetz der Blutrache herrscht, hat Kadyrow viele Feinde.Für den Kreml hat sich die Unterstützung von Kadyrow auf jeden Fall bezahlt gemacht. Nach Angaben des tschetschenischen Präsidenten Alu Alchanow gaben in den letzten Jahren 7.000 Separatisten bei den Sicherheitsbehörden ihre Waffen ab. Ramsan Kadyrow hatte jedem Einzelnen persönliche Sicherheit versprochen. Tausende ehemalige Separatisten dienen jetzt in der tschetschenischen Miliz. Ende
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