Russland

„Was wird aus uns nach 2008?“

Einmal jährlich stellt sich der Kreml-Chef im Fernsehen den Fragen der Bürger und lehnte dabei erneut eine dritte Amtszeit abMoskau (n-ost) – Am Mittwoch hielt Wladimir Putin seine alljährliche Frage-Veranstaltung mit Bürgern im Fernsehen ab. Die dreistündige Sendung wurde live auf zwei TV-Kanälen und im Radio übertragen. Zwei Millionen Bürger hatten in den letzten fünf Tagen per Telefon und Internet Fragen eingereicht. Fernsehteams in verschiedenen Städten Russland übermittelten Bürger-Fragen live an den Präsidenten. Die Bürger erkundigten sich vor allem nach sozialen Problemen. Es ging auch um die aktuellen Spannungen mit Georgien, ethnische Konflikte, Friedhofsschändungen durch Rechtsradikale und Auftragsmorde. Heftig wird derzeit in Russland auch die Zukunft des Präsidenten diskutiert, dessen Amtszeit verfassungsgemäß 2008 endet. „Was wird aus uns nach dem Jahr 2008?“, fragte etwa ein Mann aus dem südrussischen Gebiet Orenburg.  Putin kündigte erneut an, nicht das Gesetz für eine dritte Amtszeit ändern zu wollen. Nach der Sendung präzisierte er im Gespräch mit Journalisten, das Schicksal Russlands solle nicht „von einem Menschen abhängen.“ Er wolle den Namen seines Nachfolgers nicht nennen. „Ich weiß nur, dass dieser Mensch über 35 Jahre alt ist, dass er eine bestimmte Anzahl von Jahren in Russland lebt, wie es das Gesetz vorschreibt“. Bisher sind für die Nachfolge des russischen Präsidenten drei Personen im Gespräch, der stellvertretende Ministerpräsident und Vorsitzende des Gasprom-Aufsichtsrates Dmitri Medwedjew, der russische Verteidigungsminister Sergej Iwanow und ein „Kandidat X“. Mitte Juni hatte Putin am Rande einer Konferenz in Peking diesen dritten, namenlosen Kandidaten ins Spiel gebracht. Der Kandidat werde „nicht sehr bekannt“ sein aber auch nicht „völlig unbekannt“, hatte Putin damals erklärt.Putin als Parteiführer oder Parlamentssprecher Beobachter in Moskau gehen davon aus, dass sich am politischen Kurs Russland nach dem Auslaufen von Putins Amtszeit 2008 nichts ändern wird. Diese Ansicht vertrat auch die Politologin Olga Kryschtanowskaja. Gegenüber „Radio Echo Moskwy“ erklärte die Politologin, der Nachfolger von Putin werde unter dem Einfluss des engen Machtzirkels stehen, der jetzt die Geschicke Russlands lenkt. Sie spielte damit auf die starken Männer Russlands an, die Putin nach seinem Amtsantritt aus St. Petersburg und aus dem Geheimdienst in den Kreml geholt oder ihnen leitende Posten in der Regierung und in den Staatsunternehmen verschafft hat. „Wahrscheinlich wird Putin Vorsitzender einer Partei, Parlamentspräsident oder Ministerpräsident“, meinte Kryschtanowskaja.
Präsident Wladimir Putin. Foto: Robert Teschner Der Kreml-nahe Politologe Wjatscheslaw Nikonow, Präsident der Stiftung „Politika“ erklärte dieser Zeitung, „Putin wird eine der einflussreichsten politischen Figuren, das steht außer Frage.“ Dass Putin Ministerpräsident wird, sei „unwahrscheinlich“. Es sei auch nicht wahrscheinlich, dass der amtierende Präsident eine Tätigkeit in der Wirtschaft aufnimmt. Solche eine Tätigkeit „sei nicht geeignet für einen Menschen, der eine politische Karriere machen will.“ In Russland werde so eine Person als „Oligarch“ angesehen. Eine „reale Variante“ wäre, dass Putin eine Partei führt. Welche Partei das wäre sagte der Politologe nicht aber es handelt sich wohl um die Kremlnahe Partei „Einiges Russland“. Nikonow wollte auch nicht ausschließen, dass Putin nach einer Auszeit 2012 erneut zu den Präsidentschaftswahlen kandidiert.Nordkorea „in die Ecke gejagt“Ein Bürger aus der Stadt Nachodka im russischen Fernen Osten sagte dem Kreml-Chef zu dem Atombombenversuch in Nordkorea, „uns gefällt das nicht“. Darauf meinte Putin, auch er sei der Meinung, „dass diese Handlungen nicht zulässig sind.“ Aber man müsse „verstehen, was passiert ist“. „Einer der Gründe“ für den Atombombentest bestehe darin, dass „nicht alle Teilnehmer des Gesprächsprozesses die richtige Tonlage gefunden haben“. Man dürfe die Situation „niemals in eine Sackgasse treiben“ und Niemanden „in eine Lage bringen aus der es praktisch keinen Ausweg gibt, außer dem  – die Situation zu verschärfen.“ Der Kreml-Chef erklärte, es beständen aber gute Chancen zu dem sechsseitigen Gesprächsprozess zurückzukehren. Aus Nordkorea höre man „Signale, dass das Land bereit ist zum Verhandlungsprozess zurückzukehren“. Allerdings müssten die nationalen Interessen Nordkoreas hinsichtlich der friedlichen Entwicklung der Atomenergie berücksichtigt werden. Ende


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