„Verantwortung vor Allah und Putin“
Wladimir Putin ernennt Ramsan Kadyrow zum Präsidenten Tschetscheniens // Seine Bestätigung im Parlament der Kaukasusrepublik gilt als FormsacheMoskau (n-ost) – Am Donnerstag ernannte Wladimir Putin den geschäftsführenden Präsidenten Tschetscheniens und bisherigen Ministerpräsidenten, Ramsan Kadyrow, zum Präsidenten der Kaukasusrepublik. Dass Kadyrow heute vom Parlament Tschetscheniens bestätigt wird, gilt als Formsache. Von den 58 Abgeordneten gehören 38 der kremlnahen Partei „Einiges Russland“ an. Putin lobte Kadyrow. Er habe viel für den Wiederaufbau der Kaukasusrepublik geleistet. „Ich werde versuchen dass in mich gesetzte Vertrauen zu bestätigen“, grummelte der bärtige Tschetschene vor den Kameras der staatlichen russischen Fernseh-Kanäle. Wie immer bei öffentlichen Auftritten war Ramsan nur schwer zu verstehen. Der 30jährige ist im Krieg groß geworden. Er kann mit Waffen umgehen, lange politische Erklärungen sind seine Sache nicht. Kadyrow liebt den großen Auftritt, bei dem er selbst im Mittelpunkt steht. So holte er zum Gaudi der tschetschenischen Jugend Boxweltmeister Mike Tyson nach Grosny. Vor einer Woche machte er „Miss Kenia“, die Grosny zusammen mit anderen Schönheitsköniginnen besuchte, im Scherz einen Heiratsantrag und schenkte ihr eine weiße Ziege, normalerweise ein Geschenk für die Eltern der Braut. All das macht Eindruck in einer Region, in der der Großteil der Männer arbeitslos ist.Kadyrow trägt gerne maßgeschneiderte Anzüge, fühlt sich aber auch wohl in der Wüstenuniform der US Army. Er sitzt selbst am Steuer seines schwarzen Geländewagens und geht gerne in Moskauer Nachtclubs. Wo er auch steht und geht, der starke Mann Tschetscheniens ist immer von ergebenen „Kämpfern“ umgeben, die früher, wie er selbst, auf der Seite der Separatisten kämpften, nun aber zu Moskau stehen und als Kadyrow-Schutztruppe in der Kaukasusrepublik Angst und Schrecken verbreiten. Gegen vermeintliche Terroristen geht man gnadenlos vor. Nach Berichten der Menschenrechtsorganisation Memorial verschwanden in Tschetschenien in den letzten Jahren mehr als 3.000 Menschen. Verantwortung vor Allah und PutinKadyrow sprach nach seiner Ernennung vor den Fernsehkameras, von einer „großen Verantwortung vor dem Allerhöchsten, dem Volk und vor Ihnen“. Da guckte Putin streng. Dass er mit dem tschetschenischen Volk und Allah in einem Atemzug genannt wird, kommt nicht alle Tage vor. Auch klang das ziemlich kaukasisch-selbstbewusst. Doch der Kreml-Chef hat in Tschetschenien offenbar keine andere Wahl. Auf die Familie Kadyrow setzt der Kreml schon seit 2000. Nachdem russische Truppen Grosny von den Separatisten zurückerobert hatten, ernannte Putin Ahmed Kadyrow, den Vater von Ramsan, der damals Mufti der Kaukasusrepublik war, zum Chef der russischen Verwaltungsbehörde. Später ließ der Kreml Ahmed Kadyrow zum Präsidenten wählen. Am 9. Mai 2004 wurde er jedoch während einer Feier im Stadion von Grosny von einer Bombe getötet. Moskau beschuldigte Separatisten der Tat. Doch die Tschetschenien-Reporterin Anna Politkowskaja wollte nicht ausschließen, dass russische Sicherheitskreise hinter dem Anschlag steckten. Ahmed Kadyrow sei für Moskau nur noch schwer kontrollierbar gewesen.
Die Kontrolle über den tschetschenischen Präsidenten könnte auch jetzt wieder zu einem Problem werden. Ramsan Kadyrow möchte, dass die einheimische Ölfirma Grosneftegas, die bisher zu 51 Prozent dem russischen Konzern Rosfneft gehört, unter die Kontrolle der tschetschenischen Regierung kommt. Seine Aufgabe als Präsident sehe er in der „Ausrottung des Terrorismus“ und der Entwicklung der Wirtschaft. Grosny ist immer noch eine Trümmerwüste, aber in vielen Teilen der Stadt wird gebaut. Wenn wie bisher Geld aus Moskau fließe, so Kadyrow, könne man Tschetschenien in eine blühende Landschaft verwandeln. „Jeder Mensch, der zwei Kriege durchgemacht hat, hofft auf die Macht, hofft darauf, dass man ihm Wohnung und Arbeit gibt.“ Das Verschwinden von Menschen und der Einsatz „unerlaubter Ermittlungsmethoden“ durch die Sicherheitskräfte werde man „ausrotten“. Ende
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