Russland

„Wir brauchen keine Teilung Europas“

Moskau (n-ost) – Vergangenes Wochenende tagten vor den Toren Moskaus 150 Sicherheitsexperten aus Russland, Europa, China, den USA und Japan über die weltweite Sicherheitslage und ökologische Bedrohungen. Die Tagung, veranstaltet vom Russischen Verteidigungsrat, einem Beratungsgremium des Kreml, war praktisch die russische Antwort auf die Münchner Sicherheitskonferenz. Die russischen Medien berichteten jedoch nicht über die Konferenz, eine Tatsache, die Gastredner Volker Rühe – ehemals deutscher Verteidigungsminister und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages – ziemlich ärgerte. CDU-Politiker Rühe wünscht sich eine Offenheit wie auf der Münchner Sicherheitskonferenz für die Zukunft auch in Moskau. Mit ihm sprach unsere Korrespondent Ulrich Heyden.FRAGE: Gibt es einen neuen kalten Krieg?RÜHE: Ich sehe keinen kalten Krieg. Die offenen Worte von Putin in München finde ich eigentlich gut. Er benutzte Argumente und nicht seine Schuhe, wie das in einer bestimmten Phase des Kalten Krieges in den 60ern üblich war. Es war eine gute Konferenz hier in Moskau aber was wir brauchen ist eine Konferenz wie es sie in München gab. Die  westlichen Politiker müssen hier in Moskau die gleiche Medienöffentlichkeit bekommen, wie Putin sie in München bekam. Wenn die westlichen Politiker hierher kommen, müssten sie sagen, ihr habt keine fehlerlose Demokratie. Ihr habt mehr als eine Partei aber keine entwickelte Mehrparteiendemokratie. Es gibt einen Mangel an checks und balances. Wir müssen frei sprechen, nicht wie Diplomaten. Wir brauchen mehr „Münchens“. Das ist die beste Art einen kalten Krieg zu verhüten. Wir brauchen Offenheit auf beiden Seiten sonst ist das asymetrisch.FRAGE: Was ist ihre Meinung zum Raketenabwehrschirm der Amerikaner?RÜHE: Wie die Diskussion über Anti-Raketensysteme geführt wird, ist eigentlich sehr schädlich, denn man tut so, als ob der Iran schon nuklear bewaffnet sei. Wir wollen das ja gemeinsam verhindern. Und deswegen braucht man eine gemeinsame Analyse und wir brauchen mehr solcher Konferenzen, die mit großer Offenheit sprechen.FRAGE: Ist es vorstellbar, dass Russland und der Westen zusammen eine Raketenabwehr aufbauen, was ja auch heißen würde, dass die Amerikaner ihre technologischen Geheimnisse mit den Russen teilen?RÜHE: Zunächst mal muss man eine gemeinsam Analyse machen, ob es diese Gefahr gibt und ich habe den russischen Außenminister Sergej Lawrow auf der Konferenz gefragt und er hat schon zugestimmt, dass es auch ein potentielles Risiko für Russland in diese Richtung gibt. Wir können nicht weitermachen mit der Abschreckung, wie im Kalten Krieg. Aber möglicherweise brauchen wir begrenzte Abwehr-Systeme zur Verteidigung, und zwar für ganz Europa. Russland und die USA. Man darf aber den zweiten Schritt nicht vor dem ersten machen, das heißt jetzt schnell so stationieren, dass Europa geteilt wird, sondern nötig ist eine gemeinsame Analyse. Die beste Möglichkeit ist immer noch, eine Bedrohung durch Verhandlungen zu verhindern, zu verhindern, dass zum Beispiel so ein Land wie der Iran über Nuklearwaffen verfügt. FRAGE: Kreml-Berater Sergej Karaganow meinte, die amerikanischen Pläne für den Raketenabwehrschirm seien eine Provokation.RÜHE: Die Diskussion muss wieder sachlich werden. Und dazu braucht man vor allem auch die gemeinsame Analyse von Russland und Amerika. Und das liegt an Beiden, das zu analysieren. Dann wird man sehen, ob sie in der Analyse übereinstimmen. Aber man darf jetzt nicht versuchen, jetzt irgendwie in Schnelligkeit irgendwelche Systeme zu stationieren. Ende--------------
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