Russland

Frostiges Klima vor EU-Russland-Gipfel

Außenminister Steinmeier versucht mit einem Blitzbesuch in Moskau Wogen zu glätten

Moskau (n-ost) - Bei einem kurzfristig anberaumten Treffen mit dem deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier in der Vorstadtresidenz des Kreml-Chefs, gab sich Wladimir Putin (gestern) als Freund und Gönner. Deutschland trage mit dem Vorsitz der EU und der G8 eine "doppelte Last". Russland sei bereit, die Bundesrepublik dabei zu unterstützten. Putin spielte auf die Konflikte mit Polen und Estland an, und die Gerüchte, die ein Scheitern des EU-Russland-Gipfels am Freitag voraussagen. Steinmeier nickte höflich. Er sei gekommen um Meinungsverschiedenheiten vor dem Gipfel aus dem Weg zu räumen, damit diese sich nicht zu großen Konflikten auswachsen, erklärte der Minister. "Gott sei Dank" gäbe es keine Konflikte zwischen Russland und der EU, antwortete der Kreml-Chef. Es gäbe nur "Meinungsverschiedenheiten darüber, wie man einzelne Probleme lösen könne."

Russland ist Gastgeber des am Donnerstag in Samara an der Wolga beginnenden EU-Russland-Gipfels und darum bemüht, dass die Veranstaltung nicht zum Fiasko wird. Andererseits ist der Kreml in den Konflikten mit Estland und Polen nicht zu Zugeständnissen bereit.

Wohl noch kein EU-Russland-Gipfel stand unter einem so ungünstigen Stern, wie das Treffen, das am Donnerstag beginnt. Weder die Vertreter Russlands noch der EU rechnen damit, dass auf dem Gipfel überhaupt über ein neues Rahmenabkommen verhandelt wird. Das laufende EU-Russland-Abkommen war vor zehn Jahren vereinbart worden und läuft Ende des Jahres aus.


Moskau streitet mit seinen Nachbarn

Eine neue Rahmenvereinbarung zwischen der EU und Russland wird immer noch von Polen blockiert. Polen weigert sich einer neuen Rahmenvereinbarung zuzustimmen, solange Russland den Import-Stop für Fleischimporte aus Polen nicht aufhebt. Moskau begründete das Importverbot für Fleisch aus Polen mit Hygiene-Mängeln.

Nach der Versetzung des Weltkrieg-Denkmals in Tallinn und der darauf folgenden Blockade der estnischen Botschaft in Moskau sind auch die Beziehungen zwischen Russland und Estland auf einem Tiefpunkt. In der estnischen Presse waren Beschuldigungen erhoben worden, die russische Botschaft habe die gewalttätigen Proteste gegen die Umsetzung des Soldaten-Denkmals mit organisiert. Estland beklagt sich außerdem über verdeckte Wirtschaftssanktionen Russlands. So wurde die Zahl der Güterzüge mit Öl-Produkten, die Estland auf dem Weg zur Verschiffung an der Ostseeküste passieren, drastisch reduziert. Außerdem reduzierte Russland den Warenverkehr auf der Straße Richtung Estland, weil angeblich eine wichtige Grenzbrücke für Laster über 3,5 Tonnen nicht passierbar ist.

Moskau beharrt auf seinem "Njet" zur Raketenabwehr

Der EU-Russland-Gipfel in Samara wird auch von dem Konflikt zwischen Russland und den USA zur geplanten amerikanischen Raketenabwehr in Osteuropa überschattet. Die Raketenabwehr, war eines der Themen, die Condoleezaa Rice bei ihrem am Montag beginnenden Moskau-Besuch mit Putin erörterte. Rice erklärte, es gäbe keinen Grund von einem "Kalten Krieg" zu sprechen. Das Verhältnis sei nicht einfach, aber es gäbe keine "katastrophalen Dinge" in den Beziehungen. Putin bekräftige gegenüber Rice die russische Position zur geplanten amerikanischen Raketenabwehr. Der Kreml-Chef erklärte, er sei mit der amerikanischen Seite einverstanden, dass es darum gehe, die "öffentliche Polemik herunterzufahren". Was den Kosovo betreffe, so erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow, suche man nach einer Lösung, "mit der alle einverstanden sind". Noch sei solch eine Lösung aber nicht in Sicht.

Während eines eineinhalbstündigen Treffens mit Vertretern russischer Oppositions-Gruppen in der Moskauer US-Botschaft hatte Rice die Frage gestellt, wie Russland reagieren werde, wenn der Kosovo-Plan von Martti Ahtisaari umgesetzt werde. Die Vertreter russischer Oppositionsgruppen erklärten übereinstimmend, die Umsetzung des Plans werde in Russland zu einer "antiamerikanischen Hysterie" führen. In so einem Fall und es werde auch schwierig sein, das Streben von Transnistrien, Abchasien und Süd-Ossetien nach staatlicher Unabhängigkeit aufzuhalten.

Ende

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Ulrich Heyden


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