Russische Flagge unter Nordpol-Eis
Schiffsexpedition soll Anspruch auf rohstoffreiches Gebiet unterstreichen / Roger Willemsen an Bord
Moskau (n-ost) - Seit Tagen kämpft sich der Atom-Eisbrecher "Rossija"
einen Weg durch eine drei Meter dicke Eisschicht. Das Ziel ist der
Nordpol. Dem Eisbrecher folgt das Forschungsschiff "Akademik Fjodorow".
An Bord der Schiffe, die am 24. Juli in Murmansk starteten und die in
den Abendstunden des gestrigen 1. August ihr Ziel erreichen wollten,
sind 140 Wissenschaftler und Duma-Abgeordnete. Zu den Passagieren
gehört auch der deutsche Moderator Roger Willemsen. In einem Interview
mit der "Bild am Sonntag" erklärte der Autor: "Da wollte ich schon
immer mal hin. Ich freue mich auf kalbende Gletscher,
herunterbrechendes Eis und riesige Schneeflächen."
Angeblich US-Spionageflugzeuge gesichtet
Hundert Jahre nachdem Polarforscher mit Skiern, Schlittenhunden und
Staatsflaggen zum Nordpol vorstießen, ist in der Arktis nun wieder ein
Wettlauf im Gang. Diesmal geht es um die reichen Öl- und Gasvorräte
sowie die Mineral- und Diamantenvorkommen, die man unter dem
Meeresboden rund um den Nordpol vermutet. Nach Schätzungen lagern hier
ein Viertel der noch unerschlossenen Öl- und Gasvorräte der Welt. Das
Abschmelzen der Eisdecke infolge des Klimawandels könnte die Hebung der
Bodenschätze in Zukunft erleichtern.
Russland erhebt Anspruch auf das Dreieck Murmansk-Nordpol-Tschukotka,
eine Fläche von 1,2 Millionen Quadratkilometern. Nach einer Meldung der
Internetzeitung newsru.com ist von Norwegen aus auch ein amerikanischer
Eisbrecher mit gleichem Ziel unterwegs. Russische Medien berichteten
zudem, die russische Expedition werde von einem amerikanischen
Spionageflugzeug überwacht. Auch Kanada und Dänemark erheben Ansprüche
auf das rohstoffreiche Territorium. Letztes Jahr veranstalteten die
beiden Länder eine gemeinsame Expedition in die Arktis.
Umstrittene Gebietsansprüche
Nach einer UNO-Konvention aus dem Jahre 1982 haben in der Arktis-Region
fünf Länder Anspruch auf eine Wirtschaftszone 320 Kilometer vor ihren
Küsten. Zu den fünf Ländern gehören Russland, die USA, Kanada, Norwegen
und Dänemark. Russland hat die Konvention 1997 ratifiziert und will
2009 seine Ansprüche einer UNO-Kommission vorlegen.
Mit der Expedition soll nun nachgewiesen werden, dass der unterseeische
Lomonossow-Rücken, der in der Nordpol-Region am Meeresboden verläuft,
Ausläufer des russischen Festlandes ist. Die russischen Experten wollen
belegen, dass die geologische Struktur des Meeresrückens der Struktur
des russischen Festlandes ähnelt.
"Die Arktis ist unsere und wir müssen unsere Präsenz zeigen", erklärte
Expeditionsleiter Artur Tschilingarov selbstbewusst in einem Gespräch
mit der Moscow Times. Um diesen Anspruch zu unterstreichen will die
russische Expedition am Nordpol-Meeresboden zudem eine ein Meter hohe
russische Staatsflagge aus Titan aufstellen.
Tauchfahrten in 4.200 Meter Tief
Nach Erreichen des Nordpols sollen die Tauchkapseln Mir-1 und Mir-2 zu
Wasser gelassen werden. Sie sollen vom 4.200 Meter tiefen Meehresboden
Gesteins- und Wasserproben nach oben bringen. Die beiden Mir-Tauchboote
sind zwar schon 18 Jahre alt, kommen aber immer noch zum Einsatz, so
auch beim Rettungsversuch am verunglückten Atom-U-Boot Kursk und bei
Unterwasser-Aufnahmen für den Film Titanik.
In der zweiten Etappe der russischen Expedition soll eine neue
russische Driftstation, "Nordpol-35", eingerichtet werden. Die Station,
die auf einer drei Meter dicken Eisscholle treiben wird, soll das
Klimasystems der Arktis erforschen. Russland sieht sich selbst als die
wichtigste Forschernation in der Arktis. Die erste russische
Drift-Station wurde vor 70 Jahren, also noch zu Sowjetzeiten, errichtet.
Das Forschungsschiff "Akademik Fjodorow" wird am 5. Oktober zurück im Hafen erwartet.
Ab nächstem Jahr sollen Tauchtouren am Nordpol auch für
zahlungskräftige Touristen möglich sein. Von einem speziellen Reisebüro
werden bereits Fahrten für etwa 100.000 Dollar angeboten. An Bord des
Atomeisbrechers "Jamal" geht es an den Nordpol. Dort können die
Touristen dann mit den beiden Mir-Booten zum Meeresgrund hinabtauchen.
Ende
---------------------------------------------------------------------------
Wenn Sie einen Artikel übernehmen oder neu in den n-ost-Verteiler
aufgenommen werden möchten, genügt eine kurze E-Mail an n-ost@n-ost.org.
Der Artikel wird sofort für Sie reserviert und für andere Medien aus
Ihrem Verbreitungsgebiet gesperrt. Im übrigen verweisen wir auf unsere
Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unter www.n-ost.org. Das Honorar
überweisen Sie bitte mit Stichwortangabe des Artikelthemas an die
individuelle Kontonummer des Autors:
Ulrich Heyden