Gates und Rice verhandeln in Moskau
Vorbereitung des „Abschieds-Treffens“ von Bush und Putin beim Nato-Gipfel in Bukarest.(n-ost) – Condoleezza Rice und Pentagon-Chef Robert Gates haben in Moskau über die geplante US-amerikanische Raketenabwehr in Polen und Tschechien verhandelt. Der russische Außenminister Sergej Lawrow erklärte nach Abschluss der zweitägigen Gespräche: „Unsere Sorgen wurden von der amerikanischen Seite gehört.“ Die Gäste aus den USA hätten „wichtige Vorschläge unterbreitet“, die man jetzt prüfen werde. Rice erklärte, sie sei froh über die „konstruktive russische Reaktion“. Um welche Vorschläge aus Washington es sich genau handelt, erfuhr die Öffentlichkeit nicht.Das Verhältnis zwischen den USA und Russland ist im letzten Jahr deutlich abgekühlt. Washington kritisiert das von Putin geschaffene System der „gelenkten Demokratie“ offen. Dazu passte, dass sich Rice und Gates in Moskau auch mit Vertretern der Opposition trafen.Abrüstungsverträge werden von beiden Seiten zunehmend in Frage gestellt. Das System der Rüstungskontrolle ist in Gefahr: 2001 kündigte die Bush-Administration den Vertrag zur Verhinderung einer flächendeckenden Raketenabwehr (ABM-Vertrag), im vergangenen Jahr stieg Russland aus dem Vertrag über konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE-Vertrag) aus. Bei den Gesprächen in Moskau ging es nicht nur um die geplante Raketenabwehr, sondern auch um den KSE-Vertrag sowie den Start-1-Abrüstungsvertrag, der 2009 ausläuft.Bereits am Montag hatten sich Rice und Gates mit dem designierten Präsidenten Dmitri Medwedew und Kreml-Chef Wladimir Putin getroffen. Am Dienstag sprachen die beiden Vertreter der US-Regierung mit den russischen Ministern Anatoli Serdjukow (Verteidigung) und Sergej Lawrow (Äußeres).Es war das erste Treffen von Mitgliedern der US-Regierung mit dem designierten russischen Präsidenten Dmitri Medwedew nach den russischen Präsidentschaftswahlen am 2. März. Rice und Gates waren dabei von Medwedew sehr angetan. Er sei „sehr gut über die Gesprächsthemen informiert“, hieß es. Beim Treffen mit Medwedew blieb es jedoch vor allem beim Austausch von Höflichkeitsformeln.Wladimir Putin empfing die Gäste aus den USA im blauen Gästezimmer des Kreml. Der Staatschef teilte mit, er habe eine Note des US-amerikanischen Präsidenten erhalten. Ohne auf Details des Dokuments einzugehen, erklärte Putin: „Das ist ein ernsthaftes Dokument und wir werden es sorgfältig analysieren.“ Pentagon-Chef Robert Gates lobte die „gute Gesprächsatmosphäre“. Der russische Widerstand gegen die geplante Raketenabwehr gründe sich auf dem „Unverständnis der Russen darüber, was wir vorschlagen“, erklärte US-Verteidigungsminister. Außenministerin Rice hob die Bereiche hervor, in denen sich Russland und die USA bereits einig sind, wie den Kampf gegen den internationalen Terrorismus und die Weiterverbreitung von Atomwaffen. Außerdem arbeite man im Umgang mit dem Iran und Nordkorea gut zusammen. Eine Vereinbarung über die Zusammenarbeit im Bereich der Kernenergie sei möglich.Nach einem Bericht der Moskauer Zeitung „Kommersant“ hat US-Präsident George W. Bush dem russischen Präsidenten in seiner Botschaft eine Verlängerung des 2009 auslaufenden Abrüstungsvertrages Start-1 vorgeschlagen.Bei der geplanten Raketenabwehr in Polen und Tschechien hat Washington in den vergangenen Monaten Kompromisse vorgeschlagen, bisher allerdings nur mündlich. Dazu gehört das Angebot, die Abwehrraketen in Polen, die sich gegen eine Raketen-Bedrohung aus dem Iran richten, von denen sich Russland aber bedroht fühlt, nicht in Schächten zu stationieren und damit für die Russen besser kontrollierbar zu machen. Zudem könnten russische Spezialisten als Beobachter Zugang zu den Abwehrstationen in Polen und Tschechien bekommen. Russischen Militärs gehen die Angebote der Amerikaner allerdings nicht weit genug. Wie die Zeitung „Wremja Nowostej“ berichtete, wollen die russischen Militärs gleichberechtigte Mitarbeiter in den geplanten Raketenabwehrstellungen sein. Perspektivisch soll die Abwehrstellung dann unter der Ägide der UNO stehen.Russische Kompromiss-Vorschläge stießen bei den Amerikanern ebenfalls nicht auf Resonanz. So gibt es bisher keine offizielle Stellungnahme aus Washington zur angedachten amerikanischen Beteiligung an der russischen Radarstation in Aserbaidschan.In den vergangenen Tagen sorgten Pressemeldungen über eine geplante Radarstation in der Türkei für neue Besorgnis in Russland. Verschiedene Zeitungen in Europa hatten berichtet, dass die USA auch die Türkei als Stationierungsort für eine mobile Radar-Station zur Raketenabwehr vorgesehen hat. Angeblich führte Robert Gates im Februar in der Türkei Verhandlungen über dieses Vorhaben.Die Gespräche in Moskau dienten auch der Vorbereitung eines Treffens zwischen George W. Bush und Wladimir Putin, das auf dem Nato-Gipfels in Bukarest Anfang April geplant ist. Es wird das Abschiedstreffen der beiden Präsidenten, deren beider Amtszeit ausläuft. In Moskau blickt man gespannt auf den bevorstehenden Nato-Gipfel, bei dem es auch um die Aufnahme neuer Mitglieder geht. Die polnische Zeitung Gazeta Wyborcza hatte letzte Woche berichtet, Moskau sei bei Verzicht auf die Nato-Mitgliedschaft der Ukraine und Georgien zur Entsendung von Truppen nach Afghanistan bereit. Die Meldung wurde vom Kreml jedoch umgehend dementiert. Ein Nato-Sprecher erklärte, es werde zwar mit Moskau verhandelt, dabei gehe es aber nur um den Transit von Ausrüstung und Personal über Land und Luft nach Afghanistan.ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 30 83 11 87