Ukraine

Bush auf Konfrontationskurs mit Russland

Nach Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wiktor Juschtschenko in Kiew lobte US-Präsident George W. Bush die Entscheidung der ukrainischen Führung, einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Nato zu stellen. „Ihr Land hat eine mutige Entscheidung getroffen und die USA unterstützen ihren Antrag mit allem Nachdruck.“ Die Ukraine und Georgien müssten in den Aktionsplan für die Nato-Mitgliedschaft einbezogen werden. „Russland kann kein Veto einlegen gegen das, was in Bukarest passieren wird“, erklärte Bush im Hinblick auf den am Mittwoch in der rumänischen Hauptstadt beginnenden Nato-Gipfel. Die Ukraine habe als einziges Land, das nicht in der Nato ist, jede Nation-Mission unterstützt und Truppen in den Kosovo und nach Afghanistan entsandt.

Der US-Präsident erklärte, er werde die russische Kritik an den Erweiterungsplänen nicht durch Zugeständnisse im Streit um den US-Raketenschild besänftigen. Bush und Juschtschenko führten ihre Gespräche im „Haus der Chimären“, einem mit Meerjungfrauen, Elefanten und sinkenden Schiffen verzierten Jugendstil-Palais im Zentrum von Kiew.  Der Legende nach hat der Architekt Wladislaw Godordezki das prunkvolle Palais gebaut, nachdem seine Tochter im Dnjepr aus Liebeskummer Selbstmord begangen hatte und er selbst verrückt geworden war. Warum die beiden Präsidenten gerade dieses Haus für ihre Gespräche wählten – es gibt in Kiew noch andere schöne Paläste -, blieb unklar.

Für die Innenstadt von Kiew galten während des eintägigen Staatsbesuchs strenge Sicherheitsvorschriften. Entlang der Route des Präsidenten-Konvois wurden Balkons und Dachböden von Polizisten nach verdächtigen Gegenständen durchsucht. Den Bürgern war geraten worden, keine Videoaufnahmen von Fenstern aus zu machen. Auf den Dächern entlang der Präsidenten-Route waren US-Scharfschützen postiert. Mehrere Tausend Anhänger der Kommunisten und anderer linker Organisationen errichteten auf dem Platz der Unabhängigkeit ein Zeltlager und demonstrierten unter roten Fahnen und Losungen wie „Yankee go home“ und „Nato – nein“. Die Russland-freundliche „Partei der Regionen“, die vor allem im russischsprachigen Osten und Süden der Ukraine stark ist, hatte dagegen auf Protestaktionen verzichtet.

Der ukrainische Präsident Juschtschenko erklärte, die Mitgliedschaft in der Nato entspreche den nationalen Interessen der Ukraine. Er sei sich sicher, dass das ukrainische Volk den Nato-Beitritt in einem Referendum unterstützen werde. Doch nach Meinungsumfragen sind 60 Prozent gegen den Beitritt zur Militärallianz. In der Verfassung ist die Blockfreiheit der Ukraine festgeschrieben.  Die russische Duma debattierte am Dienstag, ob Russland aus dem 1999 abgeschlossenen Freundschaftsvertrag mit der Ukraine austritt, da die angestrebte Nato-Mitgliedschaft der Ukraine den Vertrag verletzte.

Der Duma-Vorsitzende Boris Gryslow erklärte, Russland sei nicht daran interessiert, dass die Nato sich den russischen Grenzen nähere, man sei zu „adäquaten Maßnahmen gezwungen“. Der stellvertretende russische Außenminister Grigoir Karasin erklärte, der Beitritt der Ukraine zur Nato werde zu einer tiefen Krise in den russisch-ukrainischen Beziehungen führen. Diese Krise werde sich auch auf die Sicherheit in Europa auswirken. Der Westen müsse die Entscheidung treffen, welche Beziehungen zu Russland den Interessen des Westens entsprächen.


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