KEIN ZWEITES MÜNCHEN
Auf dem Nato-Gipfel wird Putin keine „konfrontative“ Rede halten, meinen Moskauer Blätter(n-ost) – Eine zweite „Münchner Rede“ von Wladimir Putin wird es nach Meinung Moskauer Kommentatoren auf dem Nato-Gipfel in Bukarest nicht geben. Auf der Sicherheitskonferenz im Februar letzten Jahres war Putin hart mit der westlichen Militärallianz ins Gericht gegangen. Putin werde diesmal die „positiven Momente“ der Zusammenarbeit mit der Nato in den Mittelpunkt stellen, wollen die Moskauer Blätter Iswestija und Wremja Nowostej in Erfahrung gebracht haben. Das liege nicht nur am Charakter der Veranstaltung. Putin spricht auf dem Nato-Russland-Rat. Auf der Veranstaltung ist die Presse nicht zugelassen. Wie ein namentlich nicht genannter, hoher Kreml-Beamter den genannten Blättern mitteilte, wird Putin keine „konfrontative“ Rede halten. Unmittelbar nach dem Nato-Gipfel habe der Kreml-Chef George W. Bush auf seine Residenz in Sotschi eingeladen. Der russische Präsident wolle sich daher als guter Gastgeber erweisen.Die Strategie des Kremls sei es, „die geopolitischen und militärstrategischen Unkosten“ einer Nato-Erweiterung „zu verringern“, meint „Wremja Nowostej“. Vielleicht drückt die Einschätzung aber eher die russische Hoffnung aus, dass es in Bukarest – entgegen amerikanischer Wünsche – kein grünes Licht für die Aufnahme der Ukraine und Georgiens geben wird. Russland wisse, so „Wremja Nowostej“, dass man gegen die Aufnahme neuer Nato-Mitglieder kein Veto einlegen könne. Man wisse aber auch, dass viele europäische Staaten ihre guten wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland nicht gefährden wollen. Wie der außenpolitische Berater Putins Sergej Prichodko erklärte, wird der Kreml-Chef in seiner Rede in Bukarest allerdings Aspekte der Nato-Strategie ansprechen, die aus russischer Sicht einen „unvorhersehbaren Charakter“ haben. Moskau möchte nicht, dass die westliche Militärallianz sich als Sicherheitsgarant außerhalb des „traditionellen“ Nato-Territoriums sieht und seine Aufgabenbereiche auf Fragen der Energiesicherheit und Sicherheit der Daten-Netze ausweitet. Angesichts westlicher Kritik an der russischen Gas-Politik gegenüber der Ukraine und Attacken russischer Hacker auf das Datennetz Estlands fürchtet Moskau selbst Konflikte mit der westlichen Allianz. Der Kreml ist sich nicht sicher, was in Bukarest beschlossen wird. Der namentlich nicht genannte hohe Kreml-Beamte hält es für möglich, dass die USA die Aufnahme der Ukraine und Georgiens in die Militärallianz gerade jetzt forcieren, um dann mit dem neuen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew mit einem „reinen Tisch“ neu anzufangen. Möglich sei aber auch, dass die Ukraine und Georgien in Bukarest für ihre Anstrengungen hinsichtlich einer Angleichung an westliche Standards gelobt werden, der Mechanismus für die Aufnahme der beiden Staaten aber noch nicht gestartet wird. Tauschgeschäfte mit Russland werde es nicht geben, hatte George W. Bush bei seinem Besuch in Kiew Anfang dieser Woche deutlich hervorgehoben. Dafür gibt es in Moskau bisher auch keine Hinweise. Westliche Beobachter hatten gemutmaßt, Moskaus Angebot eines Transportkorridors für Nato-Truppen nach Afghanistan sei an die Erwartung geknüpft, dass die USA Zugeständnisse in der Frage der Raketenabwehr machen. Selbst wenn George W. Bush die Aufnahme von Georgien und der Ukraine jetzt forciert, gibt es aus Nato-Sicht ernste Hindernisse. Die Aufnahmebestimmungen der Militärallianz sehen vor, dass es auf dem Territorium eines Neu-Mitglieds keine territorialen Konflikte und keine ausländischen Militärbasen gibt. Die Bedingungen werden weder von der Ukraine noch von Georgien erfüllt. Georgien hat mit Abchasien und Süd-Ossetien ungelöste Territorialkonflikte, die Ukraine hat in Sewastopol auf der Krim einen russischen Flottenstützpunkt mit vertraglich gesichertem Bleiberecht bis 2017. Außerdem droht eine Nato-Mitgliedschaft die Ukraine in einen russischsprachigen Ost- und einen ukrainischsprachigen Westteil zu spalten. ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 30 83 11 87