STREIT UM OLYMPIA-OBJEKTE IN SOTSCHI
Erfolg für Umweltschützer in Sotschi: UNESCO empfiehlt die Verlegung einzelner Olympia-Projekte in ökologisch weniger gefährdete Gebiete(n-ost) – Die Bob-Bahn und das olympische Dorf für die Winterspiele 2014 in Sotschi sollen in ökologisch weniger gefährdete Gebiete verlegt werden. Das fordern Experten der UNESCO, die im April die Bauplätze für die Olympiade besuchten, in ihrem nun vorgelegten Bericht. Der Bericht wurde von der Umweltschutzorganisation „Nordkaukasische Öko-Wache“ veröffentlicht.Die russische Regierung will die beiden besonders umstrittenen Objekte auf der „Birnen-Wiese“ bauen - in unmittelbarer Nachbarschaft zum Westkaukasischen Naturschutzpark, der zum UNESCO Weltnaturerbe gehört. In dem umstrittenen Gebiet leben seltene Tiere wie die westkaukasische Gams und der westkaukasische Steinbock.Als eine Delegation der UNESCO im April die Baustellen im Skigebiet Krasnaja Poljana und im angrenzenden Westkaukasischen Naturschutzpark besuchte, gab es bereits erste Kritik. Die Beamten der UNESCO bemängelten den Straßenbau zur „Mond-Wiese“, wo ein Elite-Erholungszentrum entstanden ist, und verschiedene Wald-Rodungen im Kaukasischen Naturschutzpark. Unmittelbar nach dem Besuch der Delegation wurde der Straßenbau eingestellt.
Blick auf das Dorf Krasnaja Poljana und die dahinter liegende Berg-Kette
FOTO: Ulrich HeydenNach Meinung der Ökologen wird Olympia zu einer schweren Belastung für die Natur. Die meisten der geplanten Olympia-Bauten liegen im Naturschutzgebiet von Sotschi. Die alpinen Wettkämpfe sollen in Krasnaja Poljana stattfinden, einem verträumten Dorf mit nur 4.000 Einwohnern. Doch 2014 werden in dem Tal täglich bis zu 200.000 Menschen erwartet. Bis vor ein paar Jahren war Krasnaja Poljana nur über eine kleine Serpentinen-Straße zu erreichen. Jetzt gibt es eine moderne, mehrspurige Straße, die durch verschiedene Tunnel führt. Geplant sind eine weitere Straße und ein Zug, der Olympia-Besucher in 40 Minunten vom Flughafen direkt ins Ski-Gebiet bringt. Anatoli Kudatkin, Professor für Ökologie, will größeren Schaden für die Region verhindern. Er setzt sich dafür ein, dass die Sport-Objekte in Abstimmung mit den Ökologen gebaut werden. Am liebsten hätte der Bärenforscher zu Russlands Ex-Präsident Wladimir Putin gesagt, „dass man in Sotschi keine Olympiade durchführen darf. Sotschi ist ein Kurort. Hier gibt es eine einzigartige Natur. Wir können mehr Geld verdienen, wenn wir den Touristen die wilde Natur zeigen.“ Die ist rund um Sotschi besonders vielfältig. So haben zum Beispiel zwölf Bären im Umkreis von Krasnaja Poljana ihre Höhlen, erzählt der Forscher, der selbst häufig mit dem Zelt durch die Berge zieht.
Ein Bär warnt: „Wegwerfen von Müll verboten“.
FOTO: Ulrich HeydenDoch nicht nur aus ökologischen Gründen sind die olympischen Winterspiele 2014 umstritten. Auch die Planung selbst stockt. Von den geplanten 200 Olympia-Objekten, dazu gehören nicht nur die Sportstätten sondern auch Hotels, Straßen und Energie-Verbindungen, „sind erst einige Objekte gebaut. 50 Objekte werden zur Zeit projektiert.“ Die übrigen Objekte existieren noch nicht mal auf dem Reisbrett. Das berichtet das Magazin „Russki Reporter“. Nach offiziellen Angaben wird die Olympiade 8,5 Milliarden Euro kosten. Doch das sind ungefähre Kosten. Die Grundstückspreise explodieren derzeit. Die Entschädigung für Grundstücke ist noch nicht geregelt und ein Großteil der Ausschreibungen für die Olympia-Bauten hat noch gar nicht stattgefunden. Der ehemalige russische Ministerpräsident Viktor Subkow kritisiert den Zeitverzug bei den Baumaßnahmen. An der Spitze der vom Kreml gegründeten staatlichen Baufirma Olympstroj gab es bereits einen Personalwechsel. Im April quittierte der erfahrene Manager Semjon Weinstock, der früher für den russischen Pipeline-Bau verantwortlich war, seinen Job als Direktor von Olympstroj. Sein Nachfolger ist der Bürgermeister von Sotschi, Viktor Kolodjaschnyj. Glaubt man den Gerüchten in der Stadt, dann ging Weinstock, weil er erkannte, dass die Olympiade nur in einem Kraftakt zu bewältigen ist. Viele geologische Berechnungen erwiesen sich als ungenau, die Kostenvoranschläge der Baufirmen sind überhöht, die Bodenpreise sind in astronomische Höhen gestiegen. Allein die Entschädigung der Grundstücke soll 2,35 Milliarden Euro kosten. Zudem weiß niemand, wo die 180.000 Bauarbeiter eigentlich wohnen sollen. Von Weinstocks Nachfolger Viktor Kolodjaschnyj heißt es, er sei ein überaus pragmatischer Mann und womöglich nicht die letzte Besetzung auf diesem Posten. Das Internationale Olympische Komitee (IOK) findet an all dem nichts Alarmierendes. Der ehemalige Ski-Läufer Jean-Claude Killy, der im April an der Spitze einer IOK-Delegation Sotschi besuchte, fand die Situation vor Ort „nicht einfach“, aber nicht alarmierend. Offenbar hat das IOK schon dramatischere Bauplätze besucht. Unterdessen stehen ausländische Firmen beim Bürgermeister von Sotschi Schlange. Fast täglich empfängt Viktor Kolodjaschnyj eine Unternehmer-Delegation aus dem Ausland. Das Bauprogramm ist riesig. Die gesamte Infrastruktur der Region muss modernisiert werden, dazu gehören Hotels, Straßen, Kraftwerke und die Energieversorgung. Deutsche und österreichische Unternehmen sind bereits vor Ort. Die neuen Lifte im Olympia-Zentrum Krasnaja Poljana sind schon mit Doppelmayr-Liften ausgerüstet. Siemens modernisiert das Gaskraftwerk von Sotschi. Außerdem hat das deutsche Unternehmen Aufträge im Bereich der Energieverteilung und der Sicherheitsüberwachung übernommen.ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 259 32 83 - 0