Tadschikistan

SOZ - Ein Gegengewicht zur NATO?

Am 28. August findet in der Hauptstadt Tadschikistans Duschanbe der nächste Gipfel der Staatsoberhäupter der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) statt. Die Präsidenten Afghanistans und Turkmenistans werden als Gäste erwartet. Laut dem vor Beginn des russisch-georgischen Krieges bekannt gegebenen Plan soll der kommende SOZ-Gipfel über die Rolle dieser Organisation in der Welt und die Situation in Zentralasien diskutieren. Doch der Krieg im Kaukasus wird nun auch eines der zentralen Themen sein.

Im Vorfeld haben bereits die Außenminister der teilnehmenden Länder darüber diskutiert, ob Iran während des SOZ-Gipfels neues Mitglied dieser Organisation werden kann. Entgegen den Erwartungen hatten die Außenminister der SOZ-Staaten beschlossen, dass das vor zwei Jahren verhängte Moratorium auch Ende August nicht aufgehoben werden soll: "Es gibt einen Beobachterstatus und Iran ist Beobachter bei der SOZ", heißt es RIA Nowosti zufolge in der Erklärung des russischen Außenministers Sergej Lawrow.

Die Mongolei hat seit 2004 und Iran mit Pakistan und Indien seit 2005 den Beobachterstatus bei der SOZ. Nicht nur Iran, sondern auch Pakistan strebt danach, der SOZ beizutreten. Die beiden Staaten hatten bereits die Mitgliedschaft bei der SOZ beantragt. Das Moratorium störte sie jedoch dabei.

Schon lange wurde darüber diskutiert, eine Zusammenarbeit zwischen der SOZ, der Organisation des Vertrages der Kollektiven Sicherheit (OVKS) und der Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft (EAWG) herzustellen. Nach dem Plan des damaligen russischen Präsidenten Wladimir Putin fand ein gemeinsamer Gipfel von OVKS, EAWG und der Gemeinschaft der Unabhängigen Staaten (GUS) im letzten Herbst in Duschanbe statt. Dabei wurde ein Vertrag für die Zusammenarbeit in den Bereichen Sicherheitspolitik sowie der Bekämpfung von Terrorismus, Kriminalität und Drogenhandel zwischen OVKS und SOZ unterschrieben. Ferner beschloss der Zwischenstaatliche Rat der EAWG, eine rechtliche Grundlage für die Bildung einer Zollunion und eines gemeinsamen wirtschaftlichen Raums zwischen den EAWG - Staaten vorzubereiten.

Während des Krieges im Kaukasus wurde oft über die Pflichten der Länder, die den genannten Organisationen angehören, und ihre jüngsten Vereinbarungen diskutiert. Der Generalsekretär der OVSK Nikolai Borduscha warnte mehrmals: Eine Aggression gegen einen OVKS-Mitgliedstaat gelte als Aggression gegen alle ihre Mitglieder. Entsprechend müsse gegenseitige Unterstützung gelten. Da wird sichtbar, was bereits viele Experten glauben: Aus der SOZ, die eher ein militärisch-politischer Block ist und gleichzeitig von OVKS und EAWG unterstützt wird, könnte ein zweiter Warschauer Pakt oder eine asiatische Nato entstehen.

Der russische Politologe Oleg Michalin schrieb der "Moscow Post" über die Unterstützungspflicht zwischen den SOZ-Staaten: Wenn eines der SOZ-Länder überfallen werde, müssten alle anderen Mitgliedsländer es gemeinsam verteidigen. Dabei habe die SOZ viele Vorteile gegenüber der Nato, so Michalin: Die SOZ-Länder seien den Nato-Ländern von der Bevölkerungszahl her überlegen. Die SOZ habe mehrere Mitglieder, die als Atommächte gelten: Russland, China und den Beobachter Indien. Die SOZ sei der Nato auch bei den Energie-Ressourcen überlegen: Die SOZ-Länder könnten mit der Manipulation der Energiepreise jederzeit die Wirtschaft der westlichen Länder zerstören. Deswegen könne, meint der russische Experte, die SOZ zu einer ernsthaften Bedrohung für die USA und die Nato werden.

Die Ausführungen des russischen Experten sind allerdings nicht ganz realistisch. Ob Indien wirklich SOZ-Mitglied wird, ist fraglich. Die zentralasiatischen Länder stehen in Vielem im Widerspruch zu China und Russland: Die Arbeitsmigranten aus diesen Ländern werden in Russland oft verfolgt, ihnen kulturell und ethnisch nahe stehende Völkergruppen werden in China grausam unterdrückt. Auch zwischen China und Russland gibt es große Probleme: die Besiedlung russischer Gebiete in Fernost durch illegale chinesische Migranten, die chinesischen Ansprüche auf mehrere russische Gebiete und die große Wirtschaftskonkurrenz zwischen China und Russland. Die SOZ-Länder sind damit sehr weit von einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit entfernt.

Die Geschichte der SOZ begann mit Vereinbarungen in den Jahren 1996-1997 über gemeinsame Waffenreduzierung in der Grenzregion zwischen China, Russland, Tadschikistan, Kasachstan und Kirgistan. 2001 unterschrieben diese Länder zusammen mit Usbekistan dazu einen Vertrag in Shanghai und bildeten damit die SOZ. Usbekistan verließ 2003 die SOZ und versucht seither eine prowestliche Politik zu machen. Wegen eines Streits mit den USA um die Erschießung von Demonstranten in Andischan im Mai 2005 trat Usbekistan dieser Organisation erneut bei. Zur EAWG, die 2000 gebildet wurde, gehören neben Russland und Weißrussland auch wieder alle oben genannten zentralasiatischen Staaten außer dem neutralen Turkmenistan. Dieselben ehemaligen Sowjetländer bildeten 2003 gemeinsam mit Armenien auch die OVKS, die sich auf den Vertrag der Kollektiven Sicherheit von 1992 bezieht.


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