Russland

Clan-Krieg in Tschetschenien

(n-ost) - Ruslan Jamadajew war die stärkste Konkurrenz für den tschetschenischen Präsidenten, Ramsan Kadyrow. Am Mittwochabend wurde der 47 Jahre alte Jamadajew von einem Auftragskiller direkt vor der britischen Botschaft, im Zentrum von Moskau, erschossen. Die Brüder des Getöteten erklärten, der Präsident Tschetscheniens Ramsan Kadyrow habe den Mord in Auftrag gegeben, und schwörten Rache. Menschenrechtler machten Kadyrow schon für den Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja verantwortlich.Ruslan Jamadajew war bis 2007 Duma-Abgeordneter für Tschetschenien. Die mit 1,2 Millionen Menschen bevölkerungsreichste russische Teilrepublik im Nordkaukasus wurde von Moskau mit üppiger Wiederaufbauhilfe bedacht. Jamadajews Bruder Selim leitet die Militäreinheit "Wostok" ("Osten"), die an der Seite der russischen Truppen in Süd-Ossetien kämpfte. Anfang der 1990er Jahre kämpften beide noch gegen die russischen Truppen, liefen 1999 dann aber zu den russischen Truppen über. Ihre tschetschenische Heimatstadt Gudermes hatte sich 1999 kampflos den russischen Truppen ergeben.Als der Mercedes von Jamadajew am Mittwoch um 17.15 Uhr an einer Ampel hielt, fielen Schüsse. Der Attentäter schoss durch ein Rückfenster, das nach alter Gewohnheit des Fahrers ein Spaltbreit geöffnet war. Ruslan Jamadajew saß zum Zeitpunkt des Attentats selbst am Steuer des gepanzerten Mercedes 500. Er kam gerade von einer Besprechung mit dem Kreml-Berater Wladislaw Surkow, bei der es um seine Beförderung bei den russischen Streitkräften ging. Jamadardajew machte sich angeblich Hoffnungen auf das Amt des Präsidenten von Tschetschenien.Nach dem tschetschenischen Gewohnheitsrecht wird die Kaukasusrepublik von Familien-Clans regiert. Seit der Kreml den diktatorisch regierenden Ramsan Kadyrow zum Präsidenten machte, ist die alte Machtbalance in Tschetschenien nicht mehr intakt. Zwischen Ramsan Kadyrow und den Brüdern Jamadajew gab es einen scharfen Machtkampf. Im April kam es zwischen den Sicherheitskräften von Kadyrow und dem Bataillon "Wostok" zu einem militärischen Konflikt.Der Präsident Tschetscheniens, Ramsan Kadyrow, erklärte nach dem Mord vor Journalisten in Grosny, er sei sich zu "90 Prozent" sicher, dass der Mord an Jamadajew mit Blutrache zusammenhänge. Jamadajew sei in zahlreiche Entführungen verwickelt. "Wer nicht zahlte, wurde nach Angaben der Ermittler erschossen", erklärte Kadyrow, dem russische Menschenrechtler ebenfalls vorwerfen, er sei in Mord und Folter verwickelt. "Ramsan Kadyrow ist verantwortlich für den Mord an meinem Bruder und ich schwöre ihn zu rächen, sobald der heilige Monat Ramadan zu Ende ist", erklärte ein Bruder des Getöteten, Sulim Jamadajew gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.Moskau ist es bis heute nicht gelungen, seine nordkaukasischen Teilrepubliken zu befrieden. Im russischen Nordkaukasus gibt es ein ganzes Bündel von Problemen: eine Arbeitslosigkeit von 70 Prozent, eine ausufernde Korruption und islamistische Untergrund-Zellen. In Dagestan nehmen russische Sicherheitskräfte fast im Wochen-Rhythmus Nester islamistischer Untergrundkämpfer aus.In Inguschetien starb Ende August der Herausgeber der Kreml-kritischen Internetzeitung Ingushetiya.ru, Magomed Jewlojew, unmittelbar nach seiner Verhaftung, durch eine Polizeikugel. Nicht enden wollen die Meldungen, der Präsident Inguschetiens, der ehemalige Geheimdienstgeneral Murat Sjasikow, habe persönlich die Beseitigung von Jewlojew angeordnet.ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 259 32 83 - 0


Weitere Artikel