Russland

MEDWEDEW WILL ARMEE MODERNISIEREN

(n-ost) – Unter riesigen Kronleuchtern standen sie stramm und schauten ihrem Oberkommandierenden direkt ins Gesicht. Kreml-Chef Dmitri Medwedew empfing gestern Offiziere der russischen Streitkräfte im Georgi-Saal des Kremls und zeichnete die Teilnehmer der Militäroperation in Südossetien mit hohen militärischen Orden aus. Was er dabei sagte, dürfte die Soldaten gefreut haben: In einer Grundsatzrede kündigte Medwedew eine bis 2020 angelegte Modernisierung der Armee an. Russland konnte seine Verteidigungsausgaben Dank der Öl-Einnahmen um ein Viertel – auf 66 Milliarden Dollar – steigern.Der Präsident versprach, die soziale Lage der Soldaten zu verbessern. Außerdem soll die Differenzierung in der Armee verstärkt werden. Ab dem 1. Januar kommenden Jahres sollen Soldaten mit hervorragenden Leistungen finanzielle Prämien von 1.000 bis 4.500 Dollar erhalten. Damit können besonders ausgezeichnete Soldaten bis zu 7.000 Dollar im Monat verdienen.Vielen gefalle nicht, dass Russland heute in der Welt immer selbstbewusster auftrete, erklärte Medwedew. „Einige Kräfte“ wollten Russland schwach sehen. Mit dem „entschiedenen“ Zurückschlagen der „georgischen Aggression“ in Südossetien habe man gezeigt, dass „Russland seine Bürger und seine nationalen Interessen schützen kann“. Russland habe nicht anders handeln können, sonst hätte man „den Kaukasus und danach ganz Russland verloren“.Letzte Woche bereits hatte Medwedew am Rande eines Manövers im Ural erklärt, „ein Krieg kann plötzlich ausbrechen und völlig real sein.“ Es bestehe die Gefahr, dass sich „lokale, schwelende Konflikte in einen militärischen Flächenbrand ausweiten.“ Deshalb müsse Russland seine Armee modernisieren. Die Streitkräfte müssten in der Lage sein, „punktgenaue Schläge gegen Ziele auf dem Land und auf der See“ auszuführen. Heer und Marine müssten „mobil einsetzbar“ sein. Medwedew kündigte den Bau einer neuen, mit Marschflugkörpern bestückten Generation von Atom-U-Booten an.Im Kreml versuchte Medwedew indes, solche Kriegsrhetorik zu vermeiden. „Wir wollen absolut keine Rückkehr zum Kalten Krieg und zum Wettrüsten.“ Davon habe niemand etwas. Die gemeinsamen Probleme auf der Welt, erforderten gemeinsame Anstrengungen. Der Präsident erklärte, man werde die strategischen Atomwaffen stärken und die Luft- und Weltraumverteidigung in einem System zusammenfassen. Russland werde wieder „eine große Seemacht“ sein. Letzte Woche waren vier Schiffe zu einem Manöver nach Venezuela ausgelaufen.Moskau weiß, dass es einen Rüstungswettlauf mit den USA nicht gewinnen kann und streckt deshalb die Fühler nach alten Freunden in Zentralasien, Weißrussland und Kuba sowie neuen Freunden in Venezuela aus. Auf den Tagungen der Shanghai-Organisation (SCO) und der Organisation der Kollektiven Verteidigung (OVKS), in der sich ein Teil der GUS-Staaten zusammengeschlossen hat, versuchte der Kreml, sein militärisches Vorgehen in Georgien absegnen zu lassen. Eine Anerkennung der abtrünnigen georgischen Provinzen durch den engeren Kreis der russischen Verbündeten erreichte man bisher jedoch nicht. Viele von Russlands Bündnispartnern – allen voran China – haben selbst Probleme mit Separatisten. Nur das kleine Nicaragua erkannte die abtrünnigen georgischen Provinzen als Staaten an.Das OVKS-Verteidigungsbündnis beschloss, das Projekt eines schlagkräftigen Heeresverbandes für die Region Zentralasien zu wiederzubeleben. Auf der Basis der schon existierenden multinationalen schnellen Eingreiftruppe von 4.000 Mann sollen Russland, Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan und Kirgistan zusätzliche Truppen für einen größeren Verband stellen. Dieser Plan muss jedoch noch von den einzelnen Ländern gebilligt werden.Laut OVKS-Generalsekretär Nikolaj Bordjuscha ist das Ziel des neuen Verbandes die Sicherung der Stabilität in Zentralasien. Ausdrücklich wird auch Afghanistan als möglicher Unruheherd genannt. Das OVKS plant für die geostrategisch bedeutsame Großregion eine gemeinsame Luftabwehr und gemeinsame Kommunikationseinrichtungen. „Die derzeitige Weltlage sowie die Lage rund um Russland und die OVKS-Staaten zwingen uns dazu, Trainings, Kommandostab-Übungen und Schulungen abzuhalten“, erklärte Bordjuscha.Ende September begann ein russisch-weißrussisches Manöver unter der Bezeichnung „Stabilität 2008“. An dem Manöver nehmen 50.000 Soldaten teil. Alle Waffengattungen sind im Einsatz. Bei dem Manöver wird das Vorgehen bei „lokalen Konflikten“, Natur- und technogenen Katastrophen geübt.ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 259 32 83 - 0


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