Gigantische Eisenbahnpläne in alle Richtungen
(n-ost) – Am Montag wurde bei der Deutschen Bahn in Hamburg kräftig gefeiert. Der Grund: Nach 17 Tagen Fahrt kam ein mit Computerteilen und Monitoren beladener Containerzug aus dem südchinesischen Xiantang an der Elbe an. Der Zug fuhr die 10.000 Kilometer lange Strecke über Peking durch die Mongolei, Russland, Weißrussland und Polen. Ab Februar 2009 solle der Containerzug der Deutschen Bahn China und Deutschland wöchentlich in beiden Richtungen verbinden.Ein Mitarbeiter der Eisenbahn vermisst eine Strecke auf Sachalin. Foto: Ulrich Heyden„Das Interesse der Kunden ist vorhanden“, erklärte Norbert Bensel, Chef der Logistikfirma der Deutschen Bahn „DB Schenker“. Er pries die neue Verbindung als Geschenk an die Umwelt. Der Gütertransport aus China über Russland sei wesentlich ökologischer als andere Transportwege. Denn es fallen weniger Treibhausgase an als beim Flugzeug. Und die Verbindung ist schneller als ein Schiff, das 28 Tage von China nach Hamburg braucht. Zur Koordination der beteiligten Bahn-Unternehmen haben die Deutsche Bahn und die Russische Eisenbahn (RZD) Anfang 2008 die Trans Eurasia Logistics gegründet.Wenn es nach dem Willen von Wladimir Jakunin, dem Chef der russischen Eisenbahn (RZD) geht, dann ist die Strecke Peking-Hamburg erst der Anfang im transeurasischen Eisenbahnverkehr. So will der agile russische Eisenbahnchef die russische Breitspur nach Wien verlängern. Ein Absichtsprotokoll zwischen den an dem Projekt beteiligten Ländern – Russland, Ukraine, Slowakei und Österreich – wurde bereits im April unterzeichnet. Ende September unterzeichnete die Slowakei eine Vereinbarung mit der RZD über die Unterstützung des Drei-Milliarden-Euro-Projekts. In der Slowakei gibt es bereits ein 300 Kilometer langes Breitspurnetz, das jetzt verlängert werden soll. RZD-Chef Jakunin träumt von einem großen Logistikzentrum in Wien, von dem aus die Güter aus Russland und Asien verteilt werden.Jakunin war auch dabei, als am Wochenende die Bauarbeiten für 54 Eisenbahnkilometer an der russisch-nordkoreanischen Grenze aufgenommen wurden. Das Bauprojekt zwischen den Grenzstädten Hasan (Russland) und Rajin (Nordkorea) soll ein Kettenglied des „Euro-Asiatischen Transportkorridors“ werden, schwärmte der RZD-Chef. Um den geplanten Eisenbahnkorridor von Seoul nach Wladiwostok zu bauen braucht man jedoch noch acht Milliarden Dollar. Die Summe soll nach den Plänen der RZD von einem internationalen Konsortium aufgebracht werden. Nach Angaben der russischen Eisenbahn haben bereits Investoren aus Deutschland, Italien, Japan und China Interesse bekundet.
Russlands Eisenbahn-Chef Jakunin eröffnet die Bauarbeiten an der Grenze zwischen Russland und Nordkorea. Foto: RZDDoch das ist noch nicht alles an russischen Eisenbahnträumen. Das russische Wirtschaftsministerium will Russland und Alaska durch einen 100 Kilometer langen Behringstraßen-Tunnel verbinden. Der Tunnel kostet inklusive Streckenanbindung 65 Milliarden Dollar. Sergej Scharapow, bei der Russischen Eisenbahn zuständig für neue Projekte, glaubt jedoch, dass der Behringstraßen-Tunnel wegen der komplizierten Finanzierung erst in 50 Jahren realisiert wird.In ihrem Investitionsplan bis 2030 hat die RZD jedoch neue Strecken für den Fernen Osten vorgesehen, welche für das Alaska-Projekt wichtig wären. Insgesamt will sie 20.000 Kilometer neue Eisenbahnstrecken bauen. Eines der Projekte ist eine Verbindung der Stadt Jakutsk mit der Hafenstadt Magadan. Die in den 1970er Jahren mit Hilfe von jugendlichen Freiwilligen gebaute Baikal-Amur-Magistrale (auch „BAM“ genannt) sei schon jetzt völlig ausgelastet und soll erweitert werden, sagt RZD-Experte Sergej Scharapow.
Neue Eisenbahntrasse auf Sachalin. Foto: RZDEin weiteres Großprojekt, das Aussicht auf Realisierung hat, ist der geplante Bau einer Brücke von der Insel Sachalin zum russischen Festland. Der Gouverneur von Sachalin, Aleksandr Choroschawin, macht sich dafür stark. Er will private Investoren für die Brücken mit dem Recht auf Holzeinschlag im Amur-Gebiet entschädigen. Das internationale Öl- und Gas-Projekt Sachalin II auf der Fernost-Insel hat schon 20 Milliarden Dollar Investitionen verschlungen. Da erscheint der Bau einer Brücke zum russischen Festland für zehn Milliarden Dollar nicht mehr verwegen.ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 259 32 83 - 0