KREML SETZT INGUSCHETIEN-PRÄSIDENTEN AB
Kaukasische Freudentänze nach der Abberufung von Ex-KGB-General Murat Sjasikow
(n-ost) - In Inguschetien, einer kleinen russischen Teilrepublik im Nordkaukasus, hatte die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit Präsident Murat Sjasikow schon vor Monaten den Siedepunkt erreicht. Nun hat Kreml-Chef Dmitri Medwedjew die Konsequenzen gezogen und den ehemaligen KGB-General, der seit 2002 im Amt war, abgesetzt - ein höchst ungewöhnlicher Vorgang, weil der Kreml nicht gerne nachgibt, insbesondere nicht gegenüber den Kaukasiern. Die Inguschetien nahmen die Nachricht nach Medienberichten mit Jubel auf. Auf den Straßen gab es Freudentänze.
Unter Sjasikow schaukelten sich Polizei-Willkür und Islamisten-Terror in der kleinen Republik immer mehr hoch. Die Bevölkerung war aufgebracht, weil die Sicherheitskräfte auch gegen unbeteiligte Menschen vorgingen. Experten wollten nicht mehr ausschließen, dass es in der kleinen Republik mit einer halben Million Einwohner zu einem Bürgerkrieg kommt. Der geschasste Präsident war zuletzt persönlich bedroht worden. Nachdem der Herausgeber der oppositionellen Internetzeitung ingushetia.ru, Magomed Jewlojew, am 31. August in Polizeigewahrsam durch, wie es hieß, einen "zufälligen" Schuss getötet wurde, riefen Familien-Angehörige von Jewlojew zur Blutrache auf. In den letzten Wochen waren bereits mehrere hochrangige Verwandte des verhassten Präsidenten bei Anschlägen getötet und verletzt worden.
Als geschäftsführenden Präsidenten Inguschetiens setzte der Kreml jetzt den Inguschen Junus-Bek Jewkurow ein. Auf den Oberst der Luftlandetruppen, der zuletzt stellvertretender Leiter der Streitkräfte im Militärbezirk Ural-Wolga war, kann sich der Kreml verlassen. 1999 besetzte eine in Ex-Jugoslawien stationiert russische Friedenstruppe unter der Führung von Oberst Jewkurow in einem Husarenstreich den Flughafen von Prishtina, bevor Nato-Truppen die Kontrolle übernehmen konnten.
Die in der Emigration in Paris lebende Chefredakteurin der oppositionellen Internetzeitung Ingushetia.org, Rosa Malsagowa, äußerte sich hoffnungsvoll über den neuen Präsidenten. Sie kenne Jewkurow persönlich. Er sei ein "edler Mensch". Eine Garantie, dass sich die Situation in Inguschetien beruhigt, ist die Absetzung des verhassten Präsidenten jedoch nicht. Auch der Kreml habe Fehler gemacht, meinen Experten.
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