MEDWEDEW DROHT MIT RAKETEN
Russischer Präsident kündigt nach der US-Wahl die Stationierung von Kurzstreckenraketen in Kaliningrad an – als Antwort auf den geplanten US-Raketenschirm(n-ost) – Dmitri Medwedew gratulierte Barack Obama in einem Glückwunschtelegramm zum Sieg. Historisch sei das russisch- amerikanische Verhältnis „ein weltweit wichtiger Stabilitätsfaktor“, schreibt der russische Präsident Medwedew. Er hoffe auf Kooperation bei der Lösung globaler Probleme. In der Jahresbotschaft, die Medwedew gestern vor den beiden Kammern des russischen Parlaments hielt, beteuert der russische Präsident zudem: „Wir haben keinen angeborenen Anti-Amerikanismus“. Er hoffe, die neue US-Administration entscheide sich zugunsten „vollwertiger Beziehungen“ mit Russland.Doch dann kam die kalte Dusche. Der Kreml-Chef kündigte an, man werde in Kaliningrad, dem ehemaligen Königsberg und westlichsten Gebiet Russlands, auf Schiffen moderne Iskander-Kurzstreckenraketen stationieren. Auch Putin hatte schon damit gedroht. Die Raketen seien die Antwort auf den von den USA geplanten Raketenabwehrschirm in Polen und Tschechien und die Einkreisung Russlands durch Militärstützpunkte und neue Nato-Mitglieder. Medwedew kündigte auch an, man werde in Kaliningrad eine elektronische Radar-Störung aufbauen.Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin kritisierte das Vorhaben. „Ich halte diese Ankündigung gerade am heutigen Tag für ein falsches Signal zum falschen Zeitpunkt“, erklärte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Jens Plötner.Medwedew ging in seiner Jahresbotschaft hart mit der US-Administration ins Gericht. Mit der Unterstützung für die „abenteuerliche“ Führung Georgiens und die in den USA geborene Finanzkrise habe Washington den Anspruch der Führerschaft in der Welt verwirkt, erklärte der russische Präsident. „Die Tragödie von Zchinwali“, der Hauptstadt von Südossetien, sei die Folge des „selbstgefälligen Kurses“ der amerikanischen Regierung.Medwedew forderte eine „radikale Reform des politischen und wirtschaftlichen Systems“ in der Welt. Es müsse mehrere Finanzzentren in der Welt geben, erklärte Medwedew. Der Rubel müsse zu einer regionalen Währung werden. Russland sei bereit, bei der Reform der internationalen Finanz- und Sicherheitssysteme mit den USA, der Europäischen Union, den BRIC-Staaten und allen Interessierten zusammenzuarbeiten.Im zweiten Teil seiner Jahresbotschaft kündigte der russische Präsident kleine demokratische Reformen im eigenen Land an. Da waren vom russischen Präsidenten plötzlich erstaunlich kritische Töne zu hören. „Der Staatsapparat bei uns, das ist der größte Arbeitgeber, der aktivste Verleger, der beste Producer, er ist sein eigenes Gericht, seine eigene Partei und schließlich sein eigenes Volk.“ So ein System sei nicht effektiv, erklärte Medwedew. Es führe unweigerlich zur Korruption. Wichtig sei, das jeder Bürger und jeder Unternehmer sich frei entwickeln könne.Überraschend war auch die Ankündigung, den kleinen Parteien wieder mehr Rechte zu geben, unter anderem durch die Aufweichung der Sieben-Prozent-Hürde. Jede Partei, die zwischen fünf und sieben Prozent erringe, müsse mit einem oder zwei Abgeordneten im Parlament vertreten sein, erklärte der Kreml-Chef. Sofort klatschte Putin, vom Staatsfernsehen groß in Szene gesetzt. Putin hatte einst den kleinen Parteien durch scharfe Gesetze die Luft abgeschnürt.Medwedew forderte außerdem ein Rotationsprinzip in den Parteiführungen sowie eine jährliche Rechenschaftspflicht der Regierung vor dem Parlament. Dies allerdings verbunden mit einer Verlängerung der Amtszeiten: Der russische Präsident erklärte, man werde die Verfassung „korrigieren“ und die Amtszeit von Präsident und Duma von jeweils vier auf sechs bzw. fünf Jahre heraufsetzen.ENDENachdruck und Weiterverwertung dieses Artikels sind kostenpflichtig. Informationen im n-ost-Büro unter (030) 259 32 83 - 0