Kroatien

Spurensuche: Der Fall Hypo Alpe Adria

Nördlich der kroatischen Hafenstadt Pula liegt ein malerischer Küstenstreifen, an dem noch die Überreste einer antiken Villa in den meist tiefblauen Himmel ragen. Hier wurden mehr als 50 Hektar als Bauland für luxuriöse Privatvillen in Aussicht gestellt. Der Großteil des Geländes stehe jedoch unter Naturschutz und sei eine archäologische Ausgrabungsstätte, erklärt Bruno Poropat. Der Architekt kämpft seit Jahren gegen das Villenparadies und hat bereits über 12.000 Unterschriften für ein Referendum gesammelt – mehr als genug. Das geplante Volksbegehren liegt jedoch auf Eis. Die lokalen Machthaber scheinen nicht übermäßig interessiert an der Antwort auf die Frage, wieso wertvolles Schutzgebiet als Bauland versprochen wurde. Internationale Aufmerksamkeit erregt der Fall, weil die skandalträchtige österreichische Bank Hypo Alpe Adria darin verstrickt sein soll.

Dass die Bank „Geschäfte mit politischem Schutz“ gemacht habe, wird in Kroatien schon lange gemunkelt. Die Hypo hat den Ruf, am kroatischen Markt „aggressiv“ aufgetreten zu sein. Vor allem ihr schnelles Wachstum sei auffällig, meint der Zagreber Politikwissenschaftler Nenad Zakošek. Die Bank sei in Kroatien erst nach 2000 groß geworden. „Doch damals war der Bankenmarkt eigentlich schon längst verteilt“, sagt Zakošek.

Gordan Malić, investigativer Journalist der kroatischen Tageszeitung „Jutarnji list“, verweist auf eine „privilegierte Rolle“ der Bank bei politischen Entscheidungen. So sollen Bankenvertreter schon recht bald nach Amtsantritt des damaligen kroatischen Regierungschefs Ivo Sanander in dessen Büro empfangen worden sein.

Auffällig ist außerdem, dass im kroatischen Bankensektor immer wieder eine Differenz zwischen tatsächlichem Projektwert und deutlich höher bemessenen Krediten festgestellt wird. Diese Summen könnten als Schmiergeld geflossen sein, was man allerdings noch nicht nachgewiesen hat. Ein Teil der politischen Klasse Kroatiens, darunter auch amtierende Minister, könnte in solche Fälle involviert sein, so Malić.

Auch Sanander steht unter Verdacht, Schmiergeld für nach Kroatien vermittelte Kredite erhalten zu haben. Eine entsprechende Zeugenaussage der Finanzdirektorin des herzegowinischen Medien-Tycoons Miroslav Kutle liegt der Staatsanwaltschaft schon seit zehn Jahren vor. Darin heißt es, dass „Provisionszahlungen an die politische Spitze im Land durchaus gängig“ gewesen sein sollen. Der investigative Journalist Malić besitzt ein Dokument, auf dem die Initialien „I.S.“ stehen – laut Zeugenaussage gegenüber der Staatsanwaltschaft das Kürzel für den ehemaligen Premier „Ivo Sanader“. Dieser hat ihm nun jedoch mit einer Klage gedroht, da Malić damit im kroatischen Fernsehen war.

Als eine der Schlüsselfiguren in der „Causa Hypo“ taucht auch der kroatische Ex-General und Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Vladimir Zagorec, immer wieder auf. Dieser verbüßt derzeit eine siebenjährige Haftstrafe wegen Veruntreuung von Staatsgeldern in Zagreb. Er wurde verurteilt für die Veruntreuung von Edelsteinen nach dem politischen Wechsel im Jahr 2000. Sie hatten einen Wert von fünf Millionen US-Dollar und waren eine staatliche Bürgschaft für Waffenlieferungen im jüngsten Balkankrieg.

Entgegen anders lautender Medienberichte habe Zagorec allerdings nie im Fall Hypo vor Gericht gestanden, weder in Österreich, noch in Kroatien, betont dessen Zagreber Anwalt Zvonimir Hodak im Gespräch mit n-ost. Zagorec sei zwar 2007 vor dem Untersuchungsausschuss des österreichischen Parlaments aufgetreten, allerdings als Zeuge. Bei seiner Aussage hatte Zagorec damals auch zu Protokoll gegeben, dass er „keine besonderen Beziehungen“ zu österreichischen Banken und deren Tochterbanken gepflegt habe, sondern „ein Kunde wie jeder andere“ gewesen sei.

Zagorec soll dabei auch Kontakt zum österreichischen Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer gehabt haben, heißt es in dem Protokoll. „Das waren jedoch ganz normale Geschäftsbeziehungen“, erklärt Zagorec‘ Anwalt Hodak. Die Spitzen aus Politik und Wirtschaft hätten mit Kulterer zu tun gehabt. „Manche Projekte können die Referenten am Schalter nicht lösen“, sagt Anwalt Hodak, „dafür müssen Sie schon in ein anderes Büro.“


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