Ukraine

Stalin bekommt Denkmal

Auf einem 2,5 Meter hohen Sockel soll sie stehen, die Büste des sowjetischen Diktators Josef Stalin. Direkt vor dem Gebäude der Kommunistischen Partei, in der südukrainischen Industriestadt Saparoshe. Die Einweihungsfeier ist auf den 5. Mai um 12.00 Uhr angesetzt. Etwa 2.000 Menschen würden bei der Zeremonie dabei sein, teilt die Kommunistische Partei mit, vor allem Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg. Man habe auch Stalins Enkel Jewgeni Dschugaschwili eingeladen. Doch dieser könne aus gesundheitlichen Gründen nicht kommen.

„Wir stellen das Denkmal auf, weil Stalin der Oberkommandierende der Sowjetischen Streitkräfte war und Europa vom Faschismus befreit hat“, sagt Georgi Buijko, Sekretär der Kommunistischen Partei. Anlass sei der 65. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Hitlerdeutschland. Am 9. Mai wird der „Tag des Sieges“ in Russland und in der Ukraine gefeiert. Saparoshe war im Zweiten Weltkrieg aufs Schwerste in Mitleidenschaft gezogen worden.

Finanziert wird die Büste von einem Kriegsveteranen aus Charkow, der zweitgrößten Stadt der Ukraine. „In unserer Parteizentrale klingelte das Telefon“, bestätigt Alexandr Schubschewski, Chef der  Kommunisten in Saparoshe. „Jemand sagte, er wolle Geld für ein Stalindenkmal spenden.“ Umgerechnet fünftausend Dollar machte der Stalin-Fan locker, für ukrainische Verhältnisse ein kleines Vermögen. Das Durchschnittsgehalt beträgt in der Ukraine etwa 350 Dollar pro Monat. Für ihn sei der Name Stalin heilig, habe der Veteran erklärt. Unter Stalin sei er in den Krieg gezogen, Stalin habe die Sowjetunion aufgebaut.

Politiker äußern sich empört über das geplante Denkmal. „Damit werden Millionen Opfer der Stalin-Diktatur verunglimpft“, sagt Sergej Sobolejew, Abgeordneter vom oppositionellen Block Julia Timoschenko. Um den Plan der Kommunisten zu vereiteln, werde man notfalls die Staatsanwaltschaft einschalten. Auch der Europarat meldete sich zu Wort. „Man sollte lieber ein Denkmal zu Ehren der Opfer der Stalindiktatur aufstellen“, sagte Menschenrechtskommissar Thomas Hammarberg.

Präsident Viktor Janukowitsch reagiert verlegen, immerhin ist die Kommunistische Partei an der Regierungskoalition beteiligt. „Die Bürger von Saparoshe sollen selbst über das Denkmal entscheiden“, schlug er vergangene Woche vor. Jewgeni Kartaschow, Bürgermeister von Saparoshe, will mit dem Stalinkult nichts zu tun haben. Aber der Stadtverwaltung seien die Hände gebunden. Denn die Stalinbüste soll auf dem Grundstück der Kommunistischen Partei stehen - und dieses befände sich in Privatbesitz.

Die Kommunistische Partei lässt beim Kult um den Diktator nicht locker. Jetzt sollen auch in anderen Städten Stalindenkmäler entstehen. Erst in der vergangenen Woche hatten die Kommunisten ein Stalindenkmal an einer Hauptstraße in der Millionenstadt Dnepropetrowsk vorgeschlagen. In der Hafenstadt Odessa wollen sie am 7. November, zum Jahrestag der Oktoberrevolution, ebenfalls ein Denkmal des Diktators einweihen.

In Saparoshe werde die Kommunistische Partei die Stalinbüste mit „allen Mitteln“ verteidigen, droht Parteisekretär Alexandr Schubschewski. Vorsichtshalber sollen Sicherheitsleute und Parteimitglieder vor dem Denkmal Wache schieben.


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