Jiddisch in Litauen - ein akademisches Sommerprogramm der Universität Vilnius
Vilnius (n-ost). Die jiddische Kultur hat viele verschiedene Facetten, und genau so kommen jedes Jahr die verschiedensten Leute zum Sommerprogramm des Vilniusser Instituts für Jiddische Studien. Vier Wochen dauert das Programm, das schon in den vergangenen fünf Jahren Jiddisch-Fans aus der ganzen Welt von Japan über die USA bis West- und Mitteleuropa nach Litauen gebracht hat. Während die einen permanent und hochkonzentriert mit ihren Karteikärtchen durch die verwinkelten Höfe der Universität schleichen und ihre Jiddisch-Vokabeln vor sich hinmurmeln, reden sich andere die Köpfe in Diskussionen heiß oder erforschen die zahlreichen Spuren jüdischen Lebens im einstmaligen „Jerusalem des Nordens.“
Jahr für Jahr haben sich die Organisatoren versucht, ihr Programm noch besser, noch genauer auf die Interessen der Teilnehmer abzustimmen. Mit rauchenden Köpfen haben sie gegrübelt, wie man die Sprachkurse noch effizienter, die Vorträge noch hochkarätiger besetzen kann. Auch dieses Jahr hat das Institut es wieder geschafft, namhafte Experten aus Argentinien, den USA und Estland für das Programm zu gewinnen.
Die Teilnehmer können sich entweder zum akademischen oder auch nur zum kulturellen Programm anmelden. Die akademische Komponente beinhaltet intensive Jiddisch-Sprachkurse auf verschiedenen Niveaus und fachspezifische Vorlesungen. Am Ende des Kurses erhalten die Absolventen ein Zertifikat der Universität Vilnius. Für die weniger ambitionierten Besucher bietet das Institut die kulturelle Variante: Besuche jiddischer Einrichtungen und Museen, Gespräche mit Bewohnern den traditionellen jüdischen „Shtetl“, Konzerte, Kabarett, Musik-Workshops. Thematisch bleiben keine Wünsche offen: Das Programm behandelt alles von Jiddischer Literatur, Theater, zeitgenössischer Poesie über Wissenschaft bis hin zum aktuellen politischen Diskurs.
Und in der Tat kann man sich kaum einen besseren Veranstaltungsort als Vilnius kaum vorstellen, das ehemalige Zentrum jüdischen Lebens in Osteuropa. In „Vilne“ wurde einst angeblich das „reinste“ Jiddisch gesprochen. Das war vor dem Zweiten Weltkrieg, als fast die Hälfte der Vilniusser Bevölkerung Jüdisch war. Nur etwa 600 Juden überlebten die überaus gründlichen Vernichtungsaktionen der Deutschen. Von den ehemals 150 litauischen Synagogen existiert heute nur noch eine: die große Synagoge in Vilnius, die seit 10 Jahren wieder geöffnet ist.
Schon im 14. Jahrhundert waren die Juden auf der Flucht vor dem religiösen Fanatismus Westeuropas nach Osten geflohen. Dort gründeten sie ihre „Shtetl“, in Polen, Russland und auch Litauen. Im Jahr 1573 wurde der Grundstein für die erste Synagoge gelegt, aber die wirklich „Goldene Zeit“ des osteuropäischen Judentums fällt ins 18. Jahrhundert. Albert Einstein und Sigmund Freud sind nur zwei Namen weltberühmter Juden, die einmal in Vilnius gelebt und gewirkt haben.
Das Sommerprogramm beginnt am 28. Juli und endet am 26. August. Die Teilnahme ist für alle offen. Studenten erhalten einen Vorzugspreis, müssen allerdings für die Anmeldung Empfehlungsschreiben und einen Essay vorlegen. Interessierte melden sich direkt beim Vilnius Yiddish Institute unter www.yiddishvilnius.com.