Litauen

Schwule Kommunisten die Zweite

Vilnius (n-ost) Der Aufschrei der Entrüstung um die vermeintlich schwule Skulptur im litauischen Vilnius ist keinesfalls verklungen. Vielmehr könnte sich die Auseinandersetzung zwischen dem Bildhauer Bronius Vysniauskas und der Schwulen Liga nun sogar in den Gerichtssaal verlagern. Soeben hat der erzürnte Vysniauskas, der 1952 die fragliche Skulptur als Symbol für das kommunistische Ideal der Arbeit geschaffen hatte, Schützenhilfe erhalten: Die Litauische Künstlervereinigung hat sich an die Agentur für den Schutz von Urheberrechten „LATGA-A“ gewandt und fordert Entschädigung für den materiellen sowie den immateriellen Schaden des 80jährigen Vilniussers.

Die Schwule Liga Vilnius hatte eine kostenlose Broschüre über die Rechte homosexueller Arbeitsnehmer herausgegeben (n-ost berichtete). Finanziert wurde die Veröffentlichung aus Mitteln des EU-Programms ACCESS. Auf dem Deckblatt: Eine Abbildung der Vysniauskas-Skulptur. Dafür soll sie nun zahlen. Gegenüber der litauischen Zeitung „Lietuvos Rytas“ spricht die Leiterin der Abteilung für Darstellende Kunst der „LATGA-A“ von einer Strafe in Höhe von 1000 Litas (ca. 290 Euro). Sollte diese Summe nicht umgehend gezahlt werden, droht der Schwulen Liga ein Gerichtsverfahren mit möglichen Entschädigungszahlungen zwischen 5000 und 25000 Litas (1450 bis 7200 Euro).

Der Koordinator der Schwulen Liga Eduardas Platovas hält die ganze Aufregung für reichlich übertrieben. Schließlich habe man nur Ausschnitte der Skulptur abgebildet. Außerdem sei es in diesem Fall durchaus erlaubt, eine Abbildung der Statue ohne ausdrückliche Einwilligung des Urhebers veröffentlichen, da sich diese ohnehin an einem öffentlichen Ort befinde. Dem widerspricht Naprusiene, nach deren Meinung die Fotografie sich zu ausschließlich auf die Skulptur konzentriere und diese noch dazu indirekt zu kommerziellen Zwecken nutze.

Abgesehen von diesen juristischen Streitereien ist Platovas aber auch schon wieder ein Stück zurückgerudert. So räumte er vor „Lietuvos Rytas“ bereits ein, dass er keineswegs bestreite, dass die Skulpturengruppe auf der Grünen Brücke zu kommunistischen Propagandazwecken erschaffen worden sei. Trotzdem wolle er aber nicht ausschließen, dass der Bildhauer unterbewusst auch Raum für andere Interpretationen habe lassen wollen.



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