Litauen

Schwule Kommunisten?

Vilnius (n-ost). Schwul oder nicht, das ist hier die Frage. Das Objekt der Auseinandersetzung steht auf der „Grünen Brücke“ im litauischen Vilnius, eine von vier Skulpturen aus dem Jahr 1952: Zwei Männer in der Blüte ihres Lebens, stark mit geradem Rücken, erhobenen Hauptes und erhabenen Blickes, in der Hand das Werkzeug ihrer Zunft, nah beieinander. Einer ist Grubenarbeiter, einer Maurer. Während die Schwule Liga Vilnius sich sicher ist, dass es sich bei den beiden kommunistischen Helden der Arbeit um zwei der „Ihren“ handelt, spricht der Künstler selbst von Verleumdung.

„Da sind zwei gut aussehende Männer, die eng nebeneinander stehen, es gibt keine Frauen. Warum sollen die beiden nicht auch Gefühle füreinander haben können“, erklärt der Vorsitzende der Schwulen Liga in Vilnius Vladimiras Simonka der litauischen Zeitung „Lietuvos Rytas“. Aus diesem Grund hat der Verein neulich auch dieses Motiv für das Deckblatt einer Informationsbroschüre zum Thema „Rechte homosexueller Arbeitnehmer“ gewählt. Ursprünglich bestand sogar der Plan, bei einer internationalen Konferenz an der Skulptur Blumen niederzulegen. „Ansonsten findet sich für Schwule in Vilnius so gut wie kein Ort, der ihrem Lebensgefühl Ausdruck verleiht“, erklärt der Koordinator der Vereinigung Eduardas Platovas.

Der Urheber der Kunstwerks selbst ist außer sich. Gegenüber der litauischen Tageszeitung spricht der 82jährige Bronius Vysniauskas von zynischer Provokation und bezeichnet die Kampagne als Schweinerei. Die Entscheidung, bei dieser Skulptur – im Gegensatz zu den anderen Skulpturengruppen auf der Brücke – nur zwei Männer abzubilden, habe er ganz bewusst zusammen mit seinem Kollegen Napoleonas Petrulis getroffen. Schließlich trage einer der Männer einen Spachtel und einen Backstein in der Hand, der andere einen Presslufthammer. „Mit solchen Werkzeugen arbeiten Frauen und Kinder nun mal nicht“, erklärt Vysniauskas, und er seufzt: „Wie können die Schwulen da nur so was rauslesen?“


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