Polen

Bernstein: Das neue Gold

Im September 2013 war es plötzlich vorbei. Praktisch von heute auf morgen gab es in Polen keinen Bernstein-Nachschub mehr. Das Werk in der russischen Enklave Kaliningrad an der Ostseeküste durfte seinen Bernstein nicht mehr an die Nachbarn liefern. Der bisherige Werksleiter Victor Bogdan musste gehen. Die offizielle Begründung: Er habe litauische und polnische Abnehmer gegenüber den russischen begünstigt.

Für die Polen war das ein Schock: 90 Prozent aller weltweit verkauften Bernsteine stammen aus dem russischen Kaliningrad, rund 300 Tonnen kamen jährlich nach Polen. Davon waren je nach Qualität 30 bis 45 Tonnen zur Herstellung von Schmuck geeignet. Der Gesamtwert des in Polen produzierten Schmucks beläuft sich auf rund 200 Millionen Euro pro Jahr, wie die Internationale Gesellschaft der Bernsteinhandwerker vorrechnet. Als die Lieferungen aus Kaliningrad ausblieben, mussten viele Kleinhändler in Polen ihre Läden schließen.



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Um die Ausfälle zu kompensieren, greifen die übrigen Unternehmen nun auf die örtlichen Bernsteinreserven zurück. Laut der polnischen Landesanstalt für Geologie belaufen sie sich auf gut 1118 Tonnen. Doch ob der Bedarf nach Bernstein gedeckt werden kann, hängt nicht allein von den Ressourcen ab – sondern auch von den Unternehmen, die überhaupt dazu berechtigt sind, Bernstein abzubauen. Zum Abbau ist eine Konzession notwendig. Und die besitzen in der pommerschen Woiewodschaft im Norden des Landes nur zehn Firmen.


Schürfen im Nationalpark

 Eine Konzession zu bekommen sei nicht einfach, sagt der Bernstein-Schürfer Jozef Gorzynski. Man müsse zunächst entsprechende Grundstücke erwerben oder pachten und das Bernsteinvorkommen dort von einem Geologen prüfen lassen. Der Verwaltungsaufwand kostet Zeit, hinzu kommen die Kosten für die Ausrüstung.

Es geht auch anders – allerdings nicht legal: Auf der Insel Sobieszewska rund 30 Kilometer von Gdansk (Danzig) entfernt ist der Boden übersäht von bis zu zehn Meter tiefen Löchern. Hier, im Gebiet des Nationalparks, werde Bernstein illegal abgebaut, sagt Zbigniew, ein lokaler Bernsteinhändler, der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Zbigniew ist sich sicher, dass auf der Insel jeder zweite der rund 3.500 Einwohner vom illegalen Bernsteinabbau lebt.

Kürzlich wurden dort drei Männer festgenommen, die ohne Genehmigung Bernsteine abbauten. Nach Angaben der pommerschen Polizei kam es in diesem Jahr in dem Kreis um Gdansk zu insgesamt 15 Verhaftungen wegen illegalen Schürfens. Doch das tut der Ausbeutung keinen Abbruch.


Geringe Strafen für illegalen Abbau 

Die Strafen für den Abbau ohne Konzession fallen gering aus. Nach dem polnischen Gesetz gilt er nicht als Verbrechen sondern als Vergehen. Meist ist mit Geldstrafen bis zu 1200 Euro zu rechnen. Nur in besonders schwerwiegenden Fällen drohen bis zu drei Jahre Gefängnis. Ein Risiko, das die illegal Schürfenden in Anbetracht möglicher Gewinne in Kauf nehmen.

Denn die Preise für Bernstein sind seit dem von Russland verhängten Exportverbot rasant gestiegen. „Sie haben sich zum Teil verzehnfacht“, sagt Bernstein-Schürfer und Händler Jozef Gorzynski. Zehn bis 20 Gramm würden bis zu 1.000 Euro einbringen. Das macht Bernstein teurer als Gold. Zum Vergleich: Ein Gramm Gold kostet derzeit etwa 30 Euro, eine Unze rund 980 Euro.

„Vor allem der Export von Bernsteinschmuck nach China ist ein lukratives Geschäft“, sagt Mariusz Gliwinski, Leiter der Internationalen Gesellschaft der Bernsteinhandwerker und selbst Händler. Die Chinesen zahlten für seinen Schmuck drei bis vier Mal so viel wie die Kunden vor Ort. Für eine Kette auf der Fachmesse in China bekam er kürzlich 2500 Euro. „Mit etwas Glück kann man meistens mehrere davon verkaufen“, freut er sich.

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Quellen:

Persönliche Gespräche mit 

  • Mariusz Gliwinski, Leiter der Internationalen Gesellschaft der Bernsteinhandwerker, Ambermoda Sopot
  • Jozef Gorzynski, legaler Schürfer, Amber Stones
  • Pressestelle der pommerschen Polizei

http://trojmiasto.gazeta.pl/trojmiasto/1,35636,16400211,Po_rosyjskim_embargu_na_bursztyn_Gdansk_chce_zbudowac.html

http://www.trojmiasto.pl/wiadomosci/Zatrzymani-za-nielegalne-wydobywanie-bursztynu-n81291.html

http://www.trojmiasto.pl/wiadomosci/Na-swiecie-rosnie-cena-bursztynu-a-w-Gdansku-jego-nielegalne-wydobycie-n81009.html


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