Russland

Kommt Buch, kommt Rat

Von Dana Ritzmann (Mail: dritzmann@martens.ru, Tel: +7 248 23 30 oder +7 916 496 8040)

Moskau (n-ost). Jeder Markt hat seine Eigenheiten, sagt Tobias Voss von der Frankfurter Buchmesse, der als Konsultant der Internationalen Abteilung von Bücherschau zu Bücherschau reist. Im September war er zum ersten Mal in Moskau, anlässlich der 17. Internationalen Buchmesse im Allrussischen Ausstellungszentrum (WWZ) und stellte fest, dass in Russland Ratgeber der große Renner sind, sowie alles, was mit Philosophie zu tun hat.

Die Buchmesse 2003 in den Ausstellungshallen am Main, auf der Russland als Gastland vertreten war, hatte eine wahre Begeisterungswelle für aktuelle russische Literatur ausgelöst. Dennoch, die Auswirkungen lassen sich noch nicht in Zahlen messen. Das Geschäft sei langwierig, erklärt Voss, allerdings steige der Verkaufstrend für deutsche Lizenzen in Russland schon seit etwa zehn Jahren kontinuierlich an. So wurden im Jahr 2001 insgesamt 199 Lizenzen an russische Verlage verkauft, im Jahr drauf waren es bereits 231 und 2004 stieg sie auf 325. Russisch gehöre zu den wichtigsten Sprachen in Bezug auf die Lizenzvergabe, sagt Tatjana Simon, Leiterin des Deutschen Buchinformationszentrums Moskau (BIZ). 2003 sei Russland auf Platz sieben geklettert, von Platz zehn in 2001. Fünf Prozent aller Lizenzen, die aus Deutschland verkauft werden, gehen nach Russland. Das sind insgesamt nur unwesentlich weniger, als beispielsweise der Umfang für den englischsprachigen Raum (sechs Prozent), obwohl Russland nur geringe Lizenzgebühren zahlt, wegen der überdurchschnittlich niedrigen Buchpreise im Vergleich zu Westeuropa. Einige Neuerscheinungen kosten nicht mehr als 40 Rubel (1,14 Euro), ein Fotoband etwa 1 000 Rubel (ungefähr 30 Euro). Entsprechend der geringen Kaufkraft sind die Bücher in den Regionen Russlands noch mal 20 Prozent billiger als in Moskau oder St. Petersburg. Dort würden allerdings etwa 70 Prozent der deutschen Titel herausgebracht, so Tatjana Simon vom BIZ.

Insgesamt erschienen im vergangenen Jahr 53 deutsche Belletristik-Titel auf dem russischen Markt. Weiterhin wurden 59 Medizinbücher, 37 Koch- und Ratgeberbücher, 32 Kinderbuchtitel und 25 Philosophietitel ins Russische übersetzt. Die Frankfurter Buchmesse sieht es als ihre Aufgabe, „das deutsche Buch in die Welt zu tragen“, so Voss, zum einen als reine Exportartikel, oder als Übersetzungen, Lizenzausgaben russischer Verlage also. Russische Buchhändler interessierten sich hauptsächlich dafür, wie sich deutsche Bücher in russischer Sprache verkaufen lassen. Die Verlage suchten zunehmend nach Vertriebsmöglichkeiten, da die Millionen starke russischsprechende Diaspora in der Bundesrepublik als lukrativer Markt gilt.

Doch ist der deutsche Markt ist nicht nur für russische Originaltitel viel versprechend, auch Übersetzungen sind von großer Bedeutung. So wurden von den 7 574 Titeln, die 2003 aus allen Sprachen ins Deutsche übersetzt wurden, drei Prozent aus dem Russischen übertragen – Platz vier nach Englisch (49,3 Prozent), sonstige Sprachen (30,5 Prozent) und Französisch (7,7 Prozent). Insgesamt werden an der diesjährigen Frankfurter Buchmesse etwa 100 russische Verlage teilnehmen, 29 davon allein aus Sibirien. Noch vor drei Jahren sei gerade mal ein Verlag aus Russlands tiefstem Osten am Main präsent gewesen, sagt Wjatscheslaw Uchow von der BIZ-Außenstelle in Nowosibirsk. Jetzt wird es sogar einen eigenen Stand aus Jakutien geben. Dabei würden sich die Autoren und Verlage aus Sibirien ein Gewinn bringenderes Geschäft versprechen, wenn sie ihre Bücher in Deutschland publizieren statt in Russland.

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Fotos:

4507: Tobias Voss (r.) von der Frankfurter Buchmesse mit seinen russischen Kollegen, Wjatscheslaw Uchow und Tatjana Simon (v.l.) vom Buchinformationszentrum Moskau (BIZ) auf der Moskauer Buchmesse.

4511: Tatjana Simon vom BIZ Moskau und Tobias Voss von der Frankfurter Buchmesse während der Moskauer Buchmesse im September. 

Dana Ritzmann


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