Moskaus Bürgermeister darf sich freuen
Moskau (n-ost) - Bei den Wahlen zum Moskauer Stadtparlament schafften nur drei Parteien den Sprung über die neu eingeführte Zehn-Prozent-Hürde. In der neuen „Mosgorduma“ – dem Stadtparlament - wird die Kreml-nahe Partei „Einiges Russland“, die den Wahlkampf mit einem massiven Werbeeinsatz dominierte, mit 28 von 35 Abgeordneten vertreten sein. Vier Sitze gehen an die Kommunisten von der KPRF, drei an das Bündnis „Jabloko-Vereinte Demokraten“.
Als Gewinner kann sich Bürgermeister Jurij Luschkow fühlen, der die Liste der Kreml-nahen Partei „Einiges Russland“ anführte. Luschkow diente „Einiges Russland“ als „Lokomotive“. Für Luschkow, der sich schon häufig mit dem Kreml anlegte, bedeutete das Wahlergebnis eine persönliche Stärkung. Der Kreml hatte in der letzten Zeit versucht, dem selbstbewussten Stadtvater das Wasser abzugraben. Zwei führende Politiker aus Luschkows engerem Umfeld – Vizebürgermeister Waleri Schanzew und Luschkows ehemaliger Wahlkampfleiter Georgi Boos – wurden vom Kreml in die Provinz abkommandiert. Russlands Präsident Wladimir Putin ernannte die beiden Luschkow-Freunde zu Gouverneuren in Nischnij-Nowgorod und im Gebiet Kaliningrad.
Ob Luschkow, der wegen seiner sozialen Politik in Moskau beliebt ist, nach dem Auslaufen seiner Amtszeit im Dezember 2007 noch einmal für das Amt des Bürgermeisters zur Verfügung steht, ist unklar. Der Mann mit der charakteristischen schwarzen Mütze, möchte nicht noch einmal antreten, aber die Fraktion von „Einiges Russland“ im Stadtparlament hat vorgeschlagen, dass Luschkow seine Tätigkeit als Bürgermeister auch über 2007 hinaus fortsetzt. Das neugewählte Stadtparlament wird Ende 2007 über Putins Vorschlag für den neuen Bürgermeister zu entscheiden haben. Wen Putin vorschlagen wird, ist bisher unbekannt.
Erfolg für die Opposition
Die Wahl ist auch ein Erfolg für die beiden größten russischen Oppositionsparteien, die KPRF und die sozialliberale „Jabloko“-Partei. Die Kommunisten landeten mit 17 Prozent auf Platz zwei. Sie profitierten davon, dass die linksnationalistische Partei „Rodina“ („Heimat“) vom Obersten Gericht wegen eines ausländerfeindlichen Video-Clips von der Wahlliste gestrichen wurde. Die Jabloko-Partei die in den letzten Jahren mit Kampagnen gegen Demokratie-Abbau und ökologischen Forderungen ihren Platz in der öffentlichen Meinung behaupten konnte, kam mit elf Prozent auf Platz drei. Die Partei trat diesmal unter dem Logo „Vereinte Demokraten“ an. Auf der Liste kandidierten auch Mitglieder der „Union der rechten Kräfte“ (SPS), sowie Mitglieder der „Grünen“ und der „Soldatenmütter“. Die ultrarechten „Liberaldemokraten“ von Wladimir Schirinowski schafften nicht den Sprung ins Stadtparlament, bekamen aber immerhin acht Prozent der Stimmen. Für die Grünen stimmten 2,6 Prozent der Wähler. Mit 35 Prozent der Wähler beteiligten sich mehr Stimmberechtigte an den Wahlen als sonst. Beobachter gehen davon aus, dass die Moskauer Wahl Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der nächsten nationalen Duma umreißt.
„Moskauer Karussel“
Von „Jabloko“ gab es heftige Kritik am Wahlverlauf. Der stellvertretende Vorsitzende der Partei, Sergej Mitrochin, erklärte, die Stadtverwaltung habe ihre „administrativen Ressourcen“ massiv eingesetzt. Dadurch sei die Wahlordnung verletzt und das Wahlergebnis beeinflusst worden. Der größte Eingriff sei gewesen, dass mehrere Wahllokale die Stimmzettel nicht selbst ausgezählt sondern zur Auszählung in die Bezirks-Wahlkommissionen geschickt hätten, wo die Wählerstimmen dann ohne Beobachter ausgezählt wurden. In einigen Wohnbezirken sei das Reinigungspersonal in Gruppen zu je 100 Mann mit Autobussen zum Mehrfachabstimmen durch die Wahlbezirke gekarrt worden. Diese Wähler hatten einen Schein, der sie berechtigte außerhalb des Wohnortes zu wählen. Offenbar war es ein Leichtes diesen Schein zu Mehrfachabstimmungen zu missbrauchen. Ob die Methode „Moskauer Karussel“ aber starken Einfluss auf das Wahlergebnis hatte, ist unwahrscheinlich. Bei zwei Millionen Wählern fallen 70.000 Wähler mit einem Berechtigungsschein außerhalb des Wohnortes zu wählen nicht besonders ins Gewicht.
*** Ende ***
Ulrich Heyden