Frost im Äther - Deutsche Welle abgeschaltet
Moskau (n-ost) Um zwei Uhr nachts gab es auf der Mittelwellen-Frequenz 693 nur noch Knacken und Rauschen. Die Behörden hatten das Mittelwellen-Programm der Deutschen Welle einfach abgestellt. Die Deutsche Welle habe keine gültige Lizenz, heißt es von offizieller Seite. Für Darius Cierpialkowski ist das der härteste Schlag, seit er 2002 die Leitung des Moskauer Büros der Deutschen Welle übernahm. Es habe zahlreiche Anrufe von Hörern gegeben, auch von Deutschen, die in Moskau leben. Die Menschen seien beunruhigt. Täglich sendet die Deutsche Welle elf Stunden auf Russisch und neun Stunden auf Deutsch.
Das Mittelwellen-Programm war im Raum Moskau zu hören. Jetzt bleiben nur noch die Übertragung auf Kurzwelle – allerdings in eingeschränkter Qualität – sowie UKW-Übertragungen in einigen Städten. Nach Angaben von Deutsche Welle-Chefredakteur Miodrag Soric hat der Sender durch die Abschaltung ein Drittel seiner Hörer verloren. „Ich bin besorgt über die aktuelle Entwicklung und hoffe, dass die Unterbrechung der Ausstrahlung nur wenige Tage dauern wird“, erklärte Soric. Zurzeit verhandeln die Chefredaktion und Vertreter der deutschen Botschaft in Moskau mit den zuständigen Behörden.
Ebenfalls am Donnerstag wurde die Mittelwellen-Übertragung des BBC für Moskau, St. Petersburg und Jekaterinenburg abgeschaltet. BBC sendet rund um die Uhr. 14 Stunden auf Englisch, der Rest auf Russisch. Der Sender versuchte, den Vorfall herunter zuspielen und erklärte, „die Unterbrechung“ habe „rein technischen Charakter“. Das mit der Übertragung befasste Sub-Unternehmen „Oktod“ habe den Lizenzantrag nicht rechtzeitig eingereicht.
Jewgeni Streltschik, Beamter im Föderalen Aufsichtsdienst für die Massenmedien, erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax, der BBC sende seit einiger Zeit ohne Lizenz. Allen ausländischen Sendern sei geraten worden, „sich als Massenmedien in Russland registrieren zu lassen“, die Konzeption einzureichen und sich dann beim Ministerium für Verbindungen registrieren zu lassen. „Niemand will die Radiostationen kränken.“ Tatsache ist, dass sich die „Deutsche Welle“ beim Kreml unbeliebt machte, als sie im Oktober mit einem Extra-Programm für Weißrussland auf Sendung ging. Nach Angaben des Senders richtet sich das Programm an Menschen, „die an alternativen, regierungsunabhängigen Informationen interessiert sind“. Putins EU-Berater Sergej Jastrschembski bezeichnete das Weißrussland-Programm der Deutschen Welle als „ein Mittel aus dem Arsenal des kalten Krieges“.
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Ulrich Heyden