Moskauer Hoffnungen
Moskau (n-ost) - Dass der Iran die für diesen Donnerstag in Moskau geplanten Gespräche über ein gemeinsames Unternehmen zur Uran-Anreicherung auf russischem Territorium absagte, fand Konstantin Kosatschow, der Vorsitzende des Duma-Komitees für Auswärtige Beziehungen, „merkwürdig“, insbesondere deshalb, weil man von der Absage aus den Medien erfahren habe. Nun will die iranische Delegation aber am Montag nach Moskau kommen. Die iranische Seite habe aus „technischen Gründen“ um eine Verschiebung der Gespräche gebeten, hieß es von Seiten des russischen Außenministeriums.
Teheran steht unter Druck, demonstriert aber Gelassenheit. Am 6. März wird der Vorsitzende der Internationalen Atomenergiebehörde, Mohammed al Baradei, seinen Bericht über den Iran halten. Und wohlmöglich wird der Fall dann an den UN-Sicherheitsrat überwiesen, der Sanktionen beschließen könnte. Russland und China haben bereits grünes Licht gegeben. Im Pentagon gibt es bereits Pläne für zielgenaue Schläge aus der Luft gegen iranische Atomanlagen. Dies wurde am Wochenende bekannt.
Teheran hat sich von dem russischen Vorschlag, eine gemeinsame Uran-Anreicherungsanlage auf russischem Boden zu bauen, offiziell bisher nicht verabschiedet. Nach Berichten Moskauer Zeitungen, will Teheran aber Forderungen stellen, die das Projekt zum Scheitern bringen könnten. Der stellvertretende Vorsitzende des iranischen Sicherheitsrates, Dschawad Vaeidi, wolle, dass die iranisch-russische Anreichungsanlage auf iranischem Boden errichtet wird, berichtete die Moskauer Zeitung „Wremja Nowostej“. Der „Kommersant“ berichtete, Teheran wolle die Betriebszeit des russisch-iranischen Unternehmens auf zwei Jahr begrenzen. Zudem solle Russland Europa davon überzeugen, dass das Verbot der Atomforschung für den Iran aufgehoben wird und der Iran in zwei Jahren selbst Uran anreichern darf.
Auf russische Hilfe angewiesen
Der Chef der russischen Atomenergiebehörde „Rosatom“, Sergej Kirijenko, erklärte, er werde „Ende Februar, Anfang März“ in den Iran fliegen. Der „Rosatom“-Chef erklärte, es gäbe keine Pläne zur Evakuierung der 3.500 russischen Atom-Spezialisten die auf dem Bauplatz des iranischen Atomkraftwerkes Bushehr arbeiten.
Russland hatte den 1974 von Siemens begonnenen Bau des AKW in Bushehr im Jahre 1998 übernommen. Der russisch-iranische Vertrag über die Fertigstellung des AKW beläuft sich auf eine Milliarde Dollar. Russland hofft auf ein großes Geschäft, denn der Iran will noch sechs weitere Atomkraftwerke bauen. Im Iran gibt es zwar eine große Zahl von in den USA und anderen westlichen Ländern ausgebildete Atom-Spezialisten, aber zur Umsetzung seines Atomprogramms ist das Land nach Meinung von russischen Experten noch für viele Jahre auf russische Hilfe angewiesen. Das AKW Bushehr muss nach Betriebsbeginn von russischen Spezialisten überwacht werden. Außerdem braucht man russische Brennstäbe.
Die Arbeiten am AKW sollen bis zum Ende des Jahres abgeschlossen werden. Wie der „Rosatom“-Sprecher Wladimir Kutschinow auf einer Pressekonferenz in Moskau erklärte, ist der Betriebsbeginn „wahrscheinlich 2007.“ Die Bauarbeiten seien beendet, es allerdings noch „kilometerweit“ Kabel verlegt werden. Die noch ausstehenden technischen Arbeiten hätten „keinen politischen Hintergrund.“ Nach Inbetriebnahme braucht das AKW Bushehr jährlich zwischen 25 und 27 Tonnen um drei Prozent angereichertes Uran.
Atomforschung wieder aufgenommen
Der Iran hat am Dienstag seine Atom-Forschung im unterirdischen Forschungszentrum Natans wieder aufgenommen. Am Dienstag wurden im Beisein von Experten der internationalen Atomenergiebehörde IAEA die Siegel in der Anlage abgenommen.
Um waffenfähiges Material zu erhalten, muss Uran um 90 Prozent angereichert werden. Experten glauben jedoch, dass es noch viele Jahre dauert, bis der Iran ohne ausländische Hilfe in der Lage hochangereichertes Uran herzustellen. Wie Rose Gettemueller, die ehemalige stellvertretende US-Energieministerin und jetzige Direktorein des Moskauer Carnegie-Zentrums, gegenüber „Wremja Nowostej“ erklärte, hat der Iran bisher „keine endgültige Entscheidung zum Bau der Atombombe getroffen“.
Moskau besorgt
Noch ist unklar mit welchen Forderungen die iranische Delegation am Montag nach Moskau kommt. Nur soviel ist klar: Russland wird sich die Bedingungen für eine Zusammenarbeit auf atomarem Gebiet nicht diktieren lassen. „Die russische Position ist der Position Frankreichs ähnlich“, erklärte der russische Ministerpräsident, Michail Fradkow. „Wir sind besorgt über die Entwicklung.“ Der Vorsitzende des Duma-Ausschusses für Auswärtige Beziehungen, Konstantin Kosatschow, erklärte, es sei durchaus möglich, dass der Fall an den UN-Sicherheitsrat übergeben wird. Es sei nicht unklar, ob der Iran „krampfhaft nach einem Ausweg aus der jetzigen Lage sucht“ oder eine solche Suche „nur imitiert“, so der Abgeordnete. Für Moskau stehe fest, dass die Frist für den Iran am 6. März ablaufe. „Im Iran versteht man das ausgezeichnet“.
Ende
Ulrich Heyden